Mich überzeugen die neuen Produkte nicht. Die bestehenden Zero-Tarife werden umbenannt. Die grosse Änderung: Keine unterschiedlichen Tarife mehr ins Festnetz/Sunrise-Mobilfunknetz und in die anderen Mobilfunknetze. Neu gilt ein Einheitstarif von 35 Rappen bzw. 25 Rappen pro Minute. Das heisst: Anrufe ins Festnetz und Sunrise-Netz werden teurer, dafür werden Anrufe in die Mobilfunknetze von Orange und Swisscom günstiger. Für die Konsumenten noch stärker wirkt sich die Einführung der Minutentaktung aus. Jeder Anruf wird auf die volle nächste Minute aufgerundet. Der Kunde bezahlt durchschnittlich 18 Rappen pro Anruf mehr als er effektiv telefoniert. Basierend auf dem durchschnittlichen Gesprächsverhalten gemäss offizieller BAKOM-Fernmeldestatistik bedautet dies, dass ein durchschnittlicher Kunde knapp 30% zu viel bezahlt.
Diese beiden Massnahmen führen dazu, dass die neuen Zero-Tarife für die meisten Kunden massiv teurer sein werden also bisher.
Das zweite grosse Schlagwort sind Flatrates für "sorgenfreies Telefonieren". Von einer echten Innovation, wie Sunrise in der Medienmitteilung schreibt, kann also keine Rede sein. Ähnliche Angebote gibt es seit 2005 (Orange Maxima), 2006 (Sunrise Relax Super), 2007 (Sunrise Max) und 2008 (Swisscom Natel Swiss xtra-liberty plus, jedoch nur für Jugendliche bis 26).
Grundsätzlich finde ich Flatrates eine sehr gute Sache. Eine Flatrate sollte meiner Meinung nach alle wesentlichen Telefongespräche abdecken, so dass ich wirklich "sorgenfrei telefonieren" kann und keine börse Überraschungen erleben kann. Wenn jedoch jeder zweite, dritte oder vierte Anruf normal berechnet wird, so habe ich keine Transparenz und ich kann "sorgenfreies telefonieren" vergessen.
Gemäss meinen Berechnungen ist die Flatrate von Sunrise übrigens meist teurer. Nur Kunden, die den Tarifplan ausnutzen und (fast) keine Anrufe in Fremdnetze machen, können von dieser Flatrate proftieren. Doch auch für diese Kunden gibt es günstigere Alternativen wie z.B. Lebara. Für nur 9 Rappen können Lebara-Kunden bis eine Stunde miteinander telefonieren. Ein Paar müsste also mehr als 223 Anrufe im Monat führen, um mit der günstigsten Flatrate (ohne Handy) günstiger zu fahren als mit Lebara.
Auch im Tages-Anzeiger ist übrigens ein interessanter Artikel zu den neuen Sunrise-Tarifen erschienen (online verfügbar), hier einige kurze Auszüge aus dem Artikel:
Mit Billigabos hat es Sunrise bereits versucht – und ist gescheitert. Anderthalb Jahre lang bot die Anbieterin die mit Abstand günstigsten Tarife, aber konnte der Konkurrenz kaum Kunden abjagen. Unter dem Strich hat sie sich mit der Preisoffensive sogar selbst geschadet: Die begeisterten Nutzer der neuen Handy-Abos waren meist bestehende Kunden, die weniger fürs Gleiche zahlten. Als Folge davon sanken Umsatz und Gewinn deutlich.Diese drei Abschnitte kommentiere ich nicht gross. Ob allerdings das ausgesprochene Sicherheitsbedürfnis wirklich Kunden anlocken kann, bezweifle ich. Ich sehe viel eher Kunden, die überaus viel telefoniert haben und sich nicht bewusst waren, dass diese Anrufe nicht in der Flatrate enthalten sind. Wie lange wird es wohl dauern, bis Horror-Rechnungen von mehreren tausend Franken den Weg in die Medien finden werden? Dazu der Kommentar eines Kunden "Man sorgenfrei so viel telefonieren wie man will, niemand hat gesagt, dass Telefonieren nicht sorgenfrei und so teuer ist"........
Das ist immerhin ehrlich, und zeigt, wohin es bei Sunrise künftig gehen soll: bloss nicht mehr nach unten. Weder beim Preis, noch bei Umsatz oder Gewinn.
Schuld daran sind die Schweizer Kunden: Sie reagieren kaum auf tiefere Preise und wechseln deshalb nicht den Anbieter. [...] Bleibt die Frage, womit man überhaupt noch neue Kunden gewinnen kann. Sunrise versucht, mit neuen Preismodellen, andere Kunden anzusprechen. «Vor allem solche, mit einem ausgesprochenen Sicherheitsbedürfnis», sagt Gerhardt. Ob das allerdings wirkt, muss sich erst noch zeigen.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
Telekom-Experte www.comparis.ch
7 Kommentare:
Gut, wenigstens behandelt Sunrise künftig alle Anrufe gleich. Denn obwohl die ComCom die Terminierungsgebühren massiv senken liess, sind sie für den Endverbraucher in Drittnetze so gut wie nicht gesunken. Ich beispielsweise zahle bei Swissscom ins Drittnetz 50 Rp. pro Minute, obwohl Swisscom selbst drei mal weniger abliefern muss. Ergibt ein Gewinn von fast 35 Rappen und damit mehr als mit jedem anderen Gespräch.
Werden eigentlich auch die "Inklusiv-Minuten" im 60/1 Takt abgerechnet?
Nein, nein, Sunrise... ich bleibe bei Zero Plus, obwohl ich meist 5-10 Franken "zu wenig" konsumiere... Gruss, Manu
Ja, Anrufe in Fremdnetze sind für die Anbieter eine riesige Goldgrube. Und die Kunden wehren sich zuwenig.
Die Taktung beträgt nicht 60/1, sondern 60/60! Und natürlich werden auch die Inklusivminuten so abgerechnet.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
Ich nochmals: habe ich das richtig verstanden?
Ich rufe z.B. eine Swisscom Nummer an, und da kommt die Comebox und ich hänge wieder auf (Anrufdauer: 5 Sekunden). Habe ich jetzt in Fremdnetze weiterhin 59 Minuten und 55 Sekunden oder habe ich dafür bereits eine Minute "verbraten" und mir bleiben nur noch 59 Minuten übrig?
Danke und Gruss, Manu
@Manu: Ja, das ist tatsächlich so.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
Hallo Ralf. Die neuen Abos von Sunrise stehen jetzt öffentlich im Internet. Was mir nicht ganz klar ist: sind die Sunrise Zeros Abo vergleichbar mit den jetzigen? Kann ich die Optionen "Sunrise Global" und Sunrise "Data" weiterhin zum "Mindestverbrauch" dazurechnen wie bisher, oder schlagen diese Extra zu buche? Das Abo "Sunrise Flat Classic" wäre evtl. noch eine Überlegung wert... da ich ja kein neues Handy brauche (mein iPhone genügt mir...) und somit "nur" 30.- bezahle. Gruss, Manu
Die neuen Zero-Abos sind vergleichbar mit den alten Abos. So gibt es weiterhin den Mindestumsatz (es heisst jetzt, dass in der Monatsgebühr ein Guthaben in der Höhe der Monatsgebühr inklusive ist). Mit diesem Mindestumsatz können die Optionen "Surf" und "Global" auch verrechnet werden. Die neuen Angebote sind tendenziell eher teurer als die bisherigen Angebote. Insbesondere Anrufe in die Fremdnetze sind mit der Flat Classic relativ teuer.
Grüsse
Ralf Beyeler
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