Samstag, 30. Januar 2010

Talkeasy: Umstrittene Kundengewinnung

Die erst kürzlich neu in den Markt eingetretene Firma Talkeasy gewinnt ihre Kunden mit umstrittenen Methoden. Viele Neukunden sind sich nicht bewusst, dass sie einen Vertrag abgeschlossen haben, sondern dachten, dass sie nur Unterlagen bestellt haben. Oder dass sie mit Swisscom einen Vertrag abgeschlossen haben. Ich habe vor etwa einem Monat darüber geschrieben.

Swisscom hat angekündigt, gegen Talkeasy nun Klage einzureichen. Vor etwa einer Woche erschien in der Printausgabe des Tages-Anzeigers ein Artikel unter dem Titel „Für Talkeasy wird es allmählich ungemütlich“ (nicht online verfügbar).

Der Tages-Anzeiger behandelt ein interessantes Thema: Wenn sich viele Kunden bei der Ombudscom – der Ombudsstelle der Telekom-Anbieter – über ihren ungewollten Vertragsabschluss beschweren, kann es für Talk easy richtig teuer werden. Erstens ist das Verfahren vor der Ombudscom für den Anbieter aufwändig, da er dazu Stellung nehmen muss. Zweitens bezahlt der Anbieter pro Fall eine Pauschale von bis zu 1'700 Franken.

Der Tages-Anzeiger rechnet vor, dass Talkeasy zwischen 135'000 und 700'000 Franken an die Ombudscom bezahlen müsste, wenn sich alle 400 Kunden, die sich bislang wegen Talkeasy an die Swisscom gewendet haben, bei der Ombudscom Beschwerde eingereicht hätten. In der Realität dürften allerdings – wenn überhaupt – nur einige wenige Fälle wegen Talkeasy bei der Ombudscom gelandet sein.

Bevor man bei der Ombudscom Beschwerde einreichen sollte, sollte man sich zuerst selbst an den Anbieter wenden. Ich weiss nicht, wie Talkeasy reagiert, wenn man einen eingeschriebenen Brief schickt. Falls Talkeasy nicht reagieren sollte oder eine Antwort schicken sollte, die nicht im Interesse des Kunden ist, kann man sich an die Ombudsstelle wenden. Und dann wird es für den Anbieter richtig teuer.

Dieser Aspekt war mir so bisher nicht bewusst. Ich habe jeweils empfohlen, dass man sich an die Ombudscom wendet, wenn der Anbieter nicht in der Lage ist, ein Problem zu lösen. Dass so hohe Gebühren anfallen, war mir jedoch nicht bewusst. Gemäss Tagi-Artikel gibt es verschiedene Gebührenansätze: Zieht der Kunde seine Beschwerde zurück, weil er sich auf anderem Weg mit dem Anbieter geeinigt hat, so muss der Anbieter 340 Franken bezahlen. Erfolgt die Einigung während dem Verfahren, kostet es den Anbieter etwa 1000 Franken. Wenn die Ombudscom einen Schlichtungsvorschlag ausarbeitet, wird die Fallpauschale von 1700 Franken fällig.

Vor Bundesverwaltungsgericht soll eine Beschwerde gegen die Höhe der Fallpauschale noch hängig sein.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler

Mittwoch, 20. Januar 2010

Orange will viele Kleinstanbieter auf dem Netz

Gestern hat Orange über die Zusammenarbeit mit Transatel informiert (siehe Medienmitteilung). Transatel kann das Schweizer Handy-Netz von Orange nutzen. Auch in anderen Ländern bietet Transatel bereits Dienstleistungen an.

Dabei hat Transatel ein ungewöhnliches Konzept: Unternehmen, die Mobilfunkdienste anbieten wollen, können gemeinsam mit Transatel ein Angebot lancieren. Transatel übernimmt dabei die Prozesse im Hintergrund und ermöglicht die Nutzung der Mobilfunknetze. Das Unternehmen (der virtuelle Mobilfunk-Anbieter) kann so mit kleinem Aufwand zum Mobilfunk-Anbieter werden und seinen Kunden zusätzlich Mobilfunk-Dienstleistungen anbieten. In der Medienmitteilung betonen Transatel und Orange, dass jährlich bis zu 20 Unternehmen aufgeschaltet werden können.

Denkbar ist, dass z.B. Einzelhandelsunternehmen, Medienunternehmen oder IT-Dienstleister unter eigenem Namen Handy-Dienstleistungen verkaufen können. (In der Schweiz bieten z.B. Migros, Coop und Aldi bereits Handy-Angebote an. Doch die Lebensmittelhändler sind nur Wiederverkäufer von Angeboten der drei grossen Anbieter, wobei die Lebensmittelhändler ihre Marken zur Verfügung stellen und beim Angebot mitreden können. In der Schweiz bieten derzeit vor allem Lebara, Lyca Mobile und Mobilezone.net Dienstleistungen als virtueller Netzbetreiber an.)

Die wichtigste Frage wird in der Medienmitteilung jedoch nicht beantwortet: Zu welchem Preis kann Transatel das Orange-Netz nutzen? Denn wer jetzt denkt, dass dank 20 zusätzlichen Anbietern Ende Jahr der Wettbewerb in der Schweiz endlich spielen kann, täuscht sich. Denn Orange bestimmt den Preis für die Nutzung des Mobilfunknetzes und Transatel verrechnet ihre Dienstleistungen dem Unternehmen. Das Unternehmen muss also Orange und Transatel einen bestimmten Einstandspreis bezahlen. Diesen und die eigenen Kosten sowie der Gewinn-Anteil fliessen in die Kalkulation ein und bestimmen dann den Preis, den die Endkunden schliesslich bezahlen müssen.

Die Schweizerische Depeschenagentur sda hat über die Zusammenarbeit folgendes geschrieben:
Andererseits kommt Orange allfälligen Auflagen der Behörden bezüglich der Fusion der France Télécom-Tochter mit Sunrise entgegen.
Eigentlich sollte die Partnerschaft mit Transatel auf allfällige Auflagen der Behörden im Zusammenhang mit der Fusion Orange/Sunrise keinen Einfluss haben. Denn Orange bestimmt den Preis selbst, den Transatel für die Nutzung des Netzes bezahlen muss. Orange hat ein Interesse daran, den Preis, den Transatel und andere bezahlen müssen, möglichst hoch zu halten. Sinnvoller für den Wettbewerb wäre, wenn Orange das Netz allen Anbietern zu kostenorientierten Preisen anbieten müsste. Wie die Erfahrungen im Festnetz zeigen, dürften sich die Anbieter dann zwar jahrelang vor Gericht über die Konditionen streiten, doch nur damit sind einigermassen faire Konditionen für kleinere Anbieter - und damit im Endeffekt auch für den Kunden - überhaupt möglich.

Ich bin gespannt, wie viele neue Anbieter auf den Markt kommen werden und welche Auswirkungen dies auf die Preise haben wird. Ich bin jedoch skeptisch, dass damit der Wettbewerb wirklich besser spielen kann. Der kürzliche Marktstart des Handy-Angebotes von Red Bull hat gezeigt, dass auch Anbieter, die im Ausland sehr attraktive Angebote bieten, in der Schweiz nur durchschnittliche Konditionen bieten.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler

Handelszeitung: Regulator wird kaum Auflagen machen

In der Handelszeitung ist heute ein Artikel unter dem Titel „Regulator hat kaum Spielraum für Auflagen“ erschienen (Artikel online verfügbar). Hintergrund ist die geplante Übernahme von Sunrise durch France Telecom, der Muttergesellschaft von Orange. Die Wettbewerbskommission nimmt die Fusion genau unter die Lupe und wird bis Ende April 2010 entscheiden. Die Weko kann die Fusion ohne Auflagen bewilligen, die Fusion mit bestimmten Auflagen bewilligen oder die Fusion verhindern. Neben der Weko muss sich auch die Kommunikationskommission ComCom mit der Fusion beschäftigen.

Die Handelszeitung schreibt nun, dass „viele der möglichen Sanktionen reine Gedankenspiele bleiben“. Als Beispiel wird die Möglichkeit aufgeführt, dass Orange und Sunrise in Zukunft Dritten ihre Netze zur Verfügung stellen müssten. Eine solche Auflage könnte – wie längst bekannt ist – nur für die Mobilfunknetze von Orange und Sunrise gemacht werden, nicht jedoch für Swisscom.

Ausserdem zitiert die Handelszeitung nicht namentlich genannte Insider, die es für möglich halten würden, dass „das vorübergehende Weiterführen beider Namen gefordert werden könnte oder dass versucht werde, zusammen mit der Swisscom über eine Öffnung der Netze für Dritte zu verhandeln.“

Weiter wird im Artikel wiederholt, dass Orange-Chef Thomas Sieber an jedem öffentlichen Auftritt wiederholt, dass das Zusammengehen von Orange und Sunrise für den Kunden von Vorteil sein wird und das eine neue, starke Nummer 2 entstehen würde.

Ich bin nicht Jurist und kann den rechtlichen Hintergrund nicht beurteilen. Wie bereits geschrieben, gehe ich aber davon aus, dass die Kunden von einer Fusion alles andere als profitieren. Weshalb soll der Wettbewerb plötzlich spielen und die Dienstleistungen günstiger werden, wenn es nur noch zwei Anbieter statt drei Anbieter hat. Nur zwei Anbieter würden den Markt komplett unter sich aufteilen. Neue Anbieter hätten gar keine Möglichkeit, in den Markt einzutreten, ohne zuerst Milliarden zu investieren. Oder sie nutzen das Mobilfunknetz der fusionierten Orange/Sunrise, wobei Orange/Sunrise den zu zahlenden Preis bestimmen könnte. Mir ist schleierhaft, wie unter diesen Voraussetzungen überhaupt Wettbewerb entstehen soll.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler

Sonntag, 17. Januar 2010

Interview: Orange verspricht guenstigere Preise

In der heutigen Ausgabe der Sonntagszeitung „Sonntag“ erschien ein Interview mit dem Orange-Chef Thomas Sieber (nicht online abrufbar). Sollte die Wettbewerbskommission die Fusion zwischen Orange und Sunrise genehmigen, dann würde Thomas Sieber Chef des neuen fusionierten Unternehmens werden.

Orange konnte im Weihnachtsgeschäft viele Kunden gewinnen. Dies soll vor allem auf den Smartphone-Boom zurückzuführen sein, bereits sind rund 80% aller verkauften Geräte bei Orange Smartphones. Durch den Smartphone-Boom hat sich der Datenverkehr bei Orange innerhalb der letzten 24 Monate mehr als verzehnfacht.

Selbstverständlich äusserte sich Thomas Sieber auch zur geplanten Fusion. Er rechnet nicht mit Auflagen der Wettbewerbskommission. Wenig überraschend ist die Aussage, dass durch die Fusion Shops geschlossen werden, wenn diese praktisch nebeneinander stehen.

Hier weitere Aussagen, die ich kurz kommentiere:
Ich rechne damit, dass dieses Jahr unsere Preise sechs bis acht Prozent fallen.
Diese Aussage überrascht mich und es würde mich erstaunen, wenn die Preise 2010 wirklich sinken werden. Es wäre natürlich zu begrüssen, doch ich glaube nicht daran.
Dank unseren neuen Vollsortiment werden wir attraktive Angebote, so genannte Bundles, lancieren können.
Es wird auch Zeit, dass Orange endlich Bundles lancieren wird. Von den vier grössten Schweizer Telekommunikations-Anbietern ist Orange der einzige, der noch kein Bundles anbietet. Hoffentlich handelt es sich dabei wirklich um „attraktive Bundles“. Die bisherigen Angebote auf dem Schweizer Markt haben mich bisher mit Ausnahme des Sunrise-Angebots „Free Internet“ nicht überzeugt. Orange könnte einen Blick nach Frankreich werfen: Für weniger als 30 Euro – also weniger als 50 Franken – gibt es in unserem Nachbarland ein Paket mit Festnetz (inklusive Flatrate für Anrufe ins europäische Festnetz), Digital-TV (inklusive HD-TV ohne Aufpreis!) und sehr schnellem Internet. Wenn Orange in der Schweiz ein solches Angebot unterbreiten würde, werde auch ich von einem sehr attraktiven Angebot sprechen. Doch ich mag – ehrlich gesagt – nicht daran glauben.
Die internationalen Gespräche werden günstiger. Hier profitieren wir von den Tarifen unseres internationalen Mutterhauses, wie es Sunrise und Swisscom nicht können.
Ich gehe davon aus, dass sich diese Aussage auf das „International Roaming“ - also das Telefonieren mit dem Handy im Ausland – bezieht. Orange hat von den drei grossen Schweizer Mobilfunk-Anbietern die höchsten Tarife und ist meist doppelt so teuer wie Swisscom. Deshalb macht es auch Sinn, dass Orange die Preise senken wird.

Es stellt sich die Frage, weshalb Orange nicht bereits bisher von den Tarifen des internationalen Mutterhauses profitieren konnte und weshalb dies nun plötzlich doch möglich sein soll. Bisher hat der Kunde nichts davon gemerkt und die Standard-Preise für das Roaming in vielen Ländern sind seit 2001 praktisch gleich geblieben. Swisscom hat die Standard-Preise für das Roaming seit 2006 hingegen fast halbiert.
Es ist nicht mein Auftrag, genügsam unsere Marktanteile zu verwalten. Ich muss die neue Firma nach vorne bringen und Marktanteile gewinnen.
Etwas Bewegung würde dem Markt sehr gut tun. Sicherlich könnte auch der Kunde profitieren. Bisher lebte man mit dem „genügsamen Verwalten von Marktanteile“ gut. Mit einem Angriff auf dem Markt würde der Anbieter in erster Linie Umsatz und Gewinn reduzieren. Nach kurzer Zeit reagieren die Konkurrenten und der Wettbewerbsvorteil ist wieder weg.
Eine Einmarken-Strategie ist sicher günstiger. Andererseits ergänzen sich Orange und Sunrise sehr gut. Mittelfristig ist es deshalb absolut denkbar, mit beiden Marken weiterzuarbeiten.
Ich sehe dies auch so. Ich hielte es für einen Fehler, wenn man ausschliesslich auf die Marke „Orange“ setzen würde. Mit Orange kann man nur eine bestimmte Kundengruppe ansprechen.

Auf die Bemerkung „Laut [...] Comparis möchten 27 Prozent der Orange-Kunden den Anbieter wechseln – deutlich mehr als bei der Konkurrenz“ antwortete Thomas Sieber:
Diese Umfrage nehmen wir natürlich ernst, und wir möchten in der nächsten Umfrage besser abschneiden.
Wir stellen diese Frage bereits seit einigen Jahren und die 27% sind ein sehr hoher Wert. In den Vorjahren gaben jeweils 16 bis 23% der Orange-Kunden an, dass sie wechseln wollen. Bei Sunrise-Kunden waren es in den vergangenen Jahren jeweils 17% und nun 21%. Am niedrigsten ist der Wert bei den Swisscom-Kunden: In den vergangenen Jahren gaben jeweils 10 bis 12% an, dass sie wechseln wollen. Bei der letzten Umfrage waren es nur noch 8%.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler