Sonntag, 18. November 2007

Preissenkung beim Internet-Zugang unrealistisch

In der heutigen NZZ am Sonntag erschien ein Interview mit dem Swisscom-Chef Carsten Schloter (Artikel online abrufbar). Bereits gibt es im Internet Meldungen mit dem Titel "Neue Preissenkungsrunde beim Internetzugang".

Carsten Schloter hat folgendes im Interview gesagt:
Unsere Mitbewerber können DSL-Leitungen von Swisscom weiterverkaufen, ohne dass der Konsument gleichzeitig einen Telefonanschluss von Swisscom mieten muss. So kann unsere Konkurrenz bald Leistungspakete mit Breitband-Internet und Sprach-Telefonie anbieten, die 30 bis 40% billiger sind, als es vergleichbare Swisscom-Pakete heute sind.
Sehen wir uns das Ganze etwas genauer an.

Bereits heute haben die Mitbewerber wie Sunrise oder Tele2 theoretisch zwei Möglichkeiten, nur ADSL ohne Telefonie anzubieten:
  • Möglichkeit 1: Die Konkurrenten können das heutige ADSL-Angebot anbieten und gleichzeitig die Grundgebühr für den Telefonanschluss übernehmen. Neben den rund 40 Franken, die für den meistverwendesten 3500er-ADSL-Anschluss fällig wird, muss der Internet-Anbieter jeden Monat rund 25 Franken an Swisscom überweisen. Der Anbieter bezahlt im Einkauf also rund 65 Franken, die er an Swisscom abliefern muss. Daneben hat der Anbieter weitere Kosten z.B. für das Modem, die Internet-Bandbreite, den Kundendienst, die Rechnungstellung, ...
    Es ist also unrealistisch, dass ein Anbieter etwas für 49 Franken verkauft, wo er jeden Monat mehr als 20 Franken draufbezahlen wird.
    Derzeit bietet genau ein Anbieter ein solches Produkt an: Swisscom! Wer z.B. mit einem Swisscom-Handy mit dem Abo "Natel Swiss Liberty" telefoniert, kann ADSL ohne Telefonanschluss haben.
    Auch Fredy - CEO von Init7 - hat in seinem Blog bereits vor einiger Zeit etwas dazu geschrieben.
  • Möglichkeit 2: Die entbündelte letzte Meile. Seit April 2007 könnte die letzte Meile auch von Alternativ-Anbietern wie z.B. Sunrise, Tele2 oder Orange benutzt werden. Effektiv bieten derzeit nur wenige Anbieter an einigen wenigen Orten entsprechende Dienstleistungen an. Auch hier stellt sich die Frage, wie man das Ganze finanzieren soll. Der Anbieter muss an Swisscom rund 33 Franken pro Monat für die Miete der letzten Meile abliefern. Ausserdem muss der Anbieter viel Geld in eigene Infrastruktur investieren und diese eigene Infrastruktur in den Telefonzentralen der Swisscom installieren. Auch hier ist es nicht klar, wie der Preis von 49 Franken pro Monat unterbunden werden kann und weiterhin Geld verdient werden soll.
Neu gibt es auch eine dritte Möglichkeit:
  • Die Anbieter können nur den ADSL-Anschluss ohne Telefonanschluss von Swisscom mieten. Die Swisscom wird den Telefonanschluss weder dem Kunden direkt noch dem ADSL-Provider in Rechnung stellen. Die genauen Konditionen sind nicht klar, dürften sich jedoch wie beim normalen ADSL-Anschluss um die 40 Franken für den 3500er-Anschluss bewegen.
Die Kunden werden auch in Zukunft mindestens 49 Franken bezahlen müssen. Immerhin können die Kunden auf die Festnetz-Gebühr von 25.25 Franken verzichten.

Damit dürften viele Anbieter ein ADSL/VoIP-Telefoniepaket auf den Markt bringen. Denn bei VoIP dürften die Margen wesentlich höher sein. Vielleicht komme ich so ja doch noch zu meinem echten 027-er-Anschluss in Zürich, der auch funktioniert. (Derzeit habe ich Sunrise VoIP, das in meinem Fall über den Cablecom-Kabelinternet-Anschluss jedoch nicht funktioniert und daher auf die Combox umgeleitet wird.)

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
www.comparis.ch

Update und Nachtrag: Eine weitere Analyse zum neuen Angebot von Swisscom
Update (27.01.2008): Nacktes ADSL: Gute Idee, schlechte Umsetzung

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Im Artikel geht es um naked DSL Anschlüsse. Deren Preise sind ja gar noch nicht unbedingt bekannt. Damit die Rechnung stimmt, müsste natürlich Swisscom den naked DSL Anschluss relativ günstig, so z.B. um 10.-, verkaufen.

Ralf Beyeler hat gesagt…

Guten Tag

Ihr Kommentar hat mich etwas verunsichert.

Naked DSL gibt es bei Swisscom ja seit etwa 3 Monaten, der ADSL-Provider muss jedoch die Grundgebühr für den Telefonanschluss übernehmen.

Wenn jetzt Swisscom Naked DSL anbietet, ohne dass der ADSL-Provider die Grundgebühr für den Telefonanschluss übernehmen muss, wäre das natürlich mal super.

Werde dann mal bei Swisscom nachfragen ....

Grüsse



Ralf Beyeler

Anonym hat gesagt…

Ok. Im Artikel steht aber auch

"Im Bereich der schnellen Internetanschlüsse haben wir diese Woche einen weiteren Schritt getan: Wir bieten unseren Mitbewerbern neu nackte DSL-Leitungen zum Wiederverkauf an. Sie können bald flächendeckend integrierte Bündel anbieten."

D.h. es scheint sich um etwas Neueres zu halten. Wurde auch auf
http://www.kleinreport.ch/meld.phtml?id=43680 so interpretiert.

Ralf Beyeler hat gesagt…

Es ist tatsächlich so, dass es sich um nacktes ADSL handelt, bei dem weder der Endkunde noch der Provider etwas an Swisscom für die Nutzung des Telefonanschlusses bezahlen muss.

Anonym hat gesagt…

Ich würde mir mal folgendes wünschen:

Einige Leute haben Zweitwohnungen, in denen sie ein paar Wochen oder Monate im Jahr verbringen. Trotzdem möchte man fürs Büro erreichbar sein.

Man sollte DSL Anschlüsse machen, die auf Tagesbasis abgerechnet werden. Für jeden Tag im Netz zahlt man einen gewissen Beitrag. Im Bereich von 3 Franken (würde für eine 3500er Leitung dann theoretisch 90 Franken pro Monat machen),

Klar gibt es diese 300er Abos, doch in meinen Augen ist das kein Breitband und man kann selten vernünftig arbeiten.

Das wird aber wohl Wunschdenken bleiben weil der ISP damit natürlich nicht so viel verdienen kann und auch an die Swisscom Wholesale seine Beiträge zahlen muss.

Ralf Beyeler hat gesagt…

@Smid: Das teure ist und bleibt das Kabel. Billiger (von den Selbstkosten der Anbieter gesehen) sind mobile Technologien. Es wäre also bei den Anbietern, für Ferienhaus-Besitzer attraktive Pakete zu schnürren, damit diese schnell und günstig surfen können.

Es ist meines Erachtens legitim, wenn der Anbieter seine Leitungen zu kostendeckenden Beiträgen zu Verfügung stellt. Aber mit den Ansätzen der 300er-Einstiegsangebote ohne Festnetz-Gebühr ist es für Swisscom ein sicheres Verlustgeschäft.

Grüsse



Ralf Beyeler