Montag, 19. November 2007

Swisscom Mogelpackung Nacktes DSL

Gestern kündigte Swisscom über ein Interview von Carsten Schloter in der NZZ am Sonntag an, dass die Mitbewerber die Möglichkeit hätten, DSL anzubieten, ohne dass der Kunde einen Festnetz-Anschluss benötigt. Die Mitbewerber wie Sunrise oder Tele2 hätten diese Möglichkeit seit Ende August, müssten jedoch die Gebühren von rund 25 Franken selbst übernehmen. Beim neu angekündigten Angebot hingegen verzichtet Swisscom darauf, die Grundgebühren für den Festnetzanschluss in Rechnung zu stellen. Weder der Kunde noch der ADSL-Provider müssen also die Grundgebühren für den Telefonanschluss übernehmen.

Heute wurden die Details bekannt und die Swisscom-Offensive hat einige Schwachpunkte, ich erlaube mir gar, das Ganze als Mogelpackung zu bezeichnen:
  • Das nackte ADSL wird für das weitaus beliebteste ADSL-Produkt mit einer Geschwindigkeit von 3500 im Downstream gar nicht erst angeboten. Wer also mit dem 49 Franken-Angebot surft, kann nicht auf den Festnetz-Anschluss verzichten. Dies betrifft mehr als drei von vier ADSL-Privatkunden.
  • Nacktes ADSL wird nur mit den Geschwindigkeiten 5000 (ADSL) und 20'000 (VDSL) angeboten. Der Provider muss an Swisscom für den Anschluss 54 Franken bezahlen, dazu kommen die Kosten für die übertragene Datenmenge in der Grössenordnung von durchschnittlich 6 Franken pro Kunde. Macht inklusive Mehrwertsteuer rund 65 Franken pro Anschluss. Dabei gibt es gemäss Swisscom-Informationen keinen Unterschied zwischen dem 5000er- und dem 20000er-Angebot.
  • Die Konditionen von Swisscom sind für den Anbieter schlichtweg unattraktiv: Als Endkunde erhält man bei der Swisscom-Marke Bluewin das 5000er-Abo inzwischen für 59 Franken, das 20'000er-Abo für 69 Franken. Kein Alternativ-Anbieter kann DSL zu diesem Preis anbieten, ohne massiv drauf zu bezahlen.
  • Swisscom geht davon aus, dass die Provider attraktive Pakete schnüren werden und die Kunden in Scharen mit VoIP telefonieren werden. Doch das Ganze scheint wenig realistisch: Swisscom konnte erst 3'000 VoIP-Privatkunden für ihr Bluewin-Phone gewinnen. Und Sunrise und Tele2 haben ihre VoIP-Angebote längst wieder eingestellt.
  • Nacktes ADSL dürfte vor allem für Personen interessant sein, die den Festnetz-Anschluss nie oder kaum benützen. Immer mehr Kunden hat den Festnetz-Anschluss nur noch, weil sie ADSL nutzen will.
Es bleibt auf jeden Fall spannend. Mal sehen, wie die Alternativ-Anbieter reagieren werden. Vielleicht wird ja bereits an der nächsten Klage an die Wettbewerbskommission gearbeitet. Wobei dies ja auch zum Spiel zwischen Ex-Monopolisten und Alternativ-Anbieter gehört.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
www.comparis.ch

Update (27.01.2008): Nacktes ADSL: Gute Idee, schlechte Umsetzung

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