Dienstag, 6. Januar 2009

Cablecoms Internet-Offensive dürfte floppen

Gestern gab der grösste Schweizer Kabel-TV-Netzbetreiber - die Cablecom - eine Internet-Offensive bekannt (siehe Medienmitteilung).

Die neuen Abos "hispeed 2000" und "hispeed 10000" kosten gleichviel wie bei Swisscom, bieten jedoch die doppelte Geschwindigkeit. Neben den neuen "hispeed 2000" (34 Franken pro Monat) und "hispeed 10000" (49 Franken pro Monat) werden die bisherigen Abos "hispeed 250" (25 Franken pro Monat, inkl. Digital phone) und "hispeed 25000" (75 Franken pro Monat) weiterhin angeboten. Alle anderen bisherigen Internet-Abos werden für neue Kunden nicht mehr angeboten, bestehende Kunden surfen weiterhin mit der alten Geschwindigkeit.

Bestehende Kunden, die bisher 45 Franken pro Monat bezahlen, könnten wechseln und würden damit 4 Franken mehr pro Monat als bisher bezahlen und die doppelte Geschwindigkeit erhalten. Doch den meisten Kunden reicht die heutige Geschwindigkeit bereits und deshalb macht es wenig Sinn, auf das schnellere Angebot zu wechseln. Sinnvoller kann jedoch der Wechsel auf das neue 2000er-Angebote sein. Dafür muss jedoch eine Wechselgebühr von rund 100 Franken bezahlt werden. Dafür spart man dann jeden Monat 11 Franken. Die Geschwindigkeit von 2000 KBit/s dürfte für die meisten Internet-Nutzern mit "normalen Nutzungsverhalten" mehr als ausreichen.

Ich erwarte, dass das neue Angebot floppen wird und die Cablecom nicht annährend soviele Kunden gewinnen wird, wie sie sich erhofft (wobei diese Erwartungen natürlich nicht bekannt sind). Denn die meisten Kunden wollen einen einfachen Internet-Zugang zum monatlichen Pauschalpreis und ob die Geschwindigkeit nun 5000 oder 10000 KBit/s beträgt, interessiert diese Kunden weniger. Und die Kunden, die wirklich Wert auf hohe Geschwindigkeit legen, haben längst einen schnelleren Internet-Zugang (z.B. Hispeed 25000 von Cablecom oder VDSL mit 20000 von Swisscom).

Meiner Meinung nach würde ein kundenorientiertes Angebot so aussehen: Einstiegsangebot mit 250 KBit/s für 10 Franken im Monat (ohne Zwangs-Bundling mit anderen Produkten), ein Standardangebot mit 5000 KBit/s für 30 Franken im Monat und ein Vielnutzer-Angebot für z.B. 75 Franken im Monat. Doch eine solche Produktestrategie wäre der Cablecom wohl zu teuer gekommen.

Die grosse Frage ist jedoch, ob Cablecom die neuen Geschwindigkeit auch in der Realität anbieten kann. Denn die Kunden der Cablecom erhalten längst nicht immer die volle Geschwindigkeit. (Betrifft auch Kunden von ADSL, dort ist der technische Grund ein anderer als bei Cablecom). Ob es schlau ist, die Geschwindigkeit zu erhöhen und ob Cablecom die Probleme mit zu geringer Geschwindigkeit inzwischen besser im Griff hat, wird sich zeigen müssen.

Wie werden die anderen Anbieter auf die Cablecom-Offensive reagieren. Ich gehe davon aus, dass Swisscom gelassen mal beobachten wird. Sollte aber die Cablecom-Offensive einen Erfolg sein und dazu führen, dass ADSL-Kunden zu Cablecom wechseln, hat Swisscom (und auch alle ADSL-Anbieter, die ADSL als Vorleistungsprodukt (BBCS) von Swisscom beziehen) ein grösseres Problem. Denn mit der eingesetzten ADSL-Variante ist das Technisch mögliche erreicht und Swisscom kann die Geschwindigkeit nicht mehr aufdrehen. Eine Möglichkeit wäre, vermehrt VDSL einzusetzen. Doch dafür müsste man die ADSL-Ports in den Telefonzentralen durch VDSL-Ports ersetzen, was zeitaufwändig und kostspielig wäre.

Etwas anders sieht die Situation von Sunrise und anderen Anbietern aus, die Angebote basierend auf der entbündelten letzten Meile anbieten. Die dort eingesetzte Technologie ermöglicht eine einfache Erhöhung der Geschwindigkeit. Ist der Kunde jedoch zu weit von der Telefonzentrale weg, kann er auch nicht von einer Erhöhung der Geschwindigkeit profitieren.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte www.comparis.ch

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Du lebst offensichtlich in einem Internet der schmalen Datenströme. Ich hingegen arbeite viel online, mit Dokumenten, mit Texten, lade Musik und Videos runter (ja, iTunes), habe Podcasts abonniert (ebenfalls iTunes), nutze zum Teil Fernsehen via Web, telefoniere übers Internet, und und und … da ist jedes Bisschen mehr an Bandbreite willkommen, gerade auch Upstream.

Was die tatsächlich verfügbare Bandbreite betrifft, hatte ich bei Kabel-TV-Anbietern inkl. Cablecom noch nie Probleme. Bei xDSL von Swisscom hingegen bekam ich noch nie die abonnierte Geschwindigkeit.

Ralf Beyeler hat gesagt…

Hallo

Nein, ich nutze das Internet auch intensiv und habe deshalb auch schnellere Angebote (derzeit das 15000er-Angebot von Sunrise(entbündelte letzte Meile), effektiver Speed 13200 KBit/s).

Der K-Tipp oder Saldo hat vor einiger Zeit darüber berichtet, wieviele Kunden nicht die volle Geschwindigkeit erreichen. Erstaunlicherweise hat auch Cablecom sehr schlecht abgeschnitten.

Grundsätzlich kann man sagen: Wenn man bei ADSL die Geschwindigkeit erreicht, dann surft man praktisch immer mit der vollen Geschwindigkeit. Bei Cablecom ist es häufiger Lotto, da sich die Kunden die Bandbreite auch auf der letzten Meile teilen müssen. Ich hatte bei Cablecom zuletzt weniger als 40% der bezahlten Bandbreite, deshalb wechselte ich dann auch den Anbieter.

Noch eine Frage: Da Du angibtst, dass Du das Internet intensiv nutzt, hast Du sicherlich auch ein schnelleres Angebot und gibt Dich nicht mit dem Standard-Angebot für 49 Franken zufrieden. Ich wollte eigentlich mit meinem Beitrag auch sagen, wer Wert auf eine schnellere Geschwindigkeit legt, hat diese in der Regel auch. Die allermeisten Kunden, die mit dem 49-Franken-Angebot im Internet surfen, legen keinen Wert auf die schnelle Geschwindigkeit.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler

Anonym hat gesagt…

sinnvoll,
wenig sinnvoll,
flopp ...

ist die frage nach dem "sinn" in unserer heutigen konsum-gesellschaft nicht etwas gewagt ...

... oder gar naiv?

have a nice day,
ray'

Anonym hat gesagt…

Hallo Ralf

weisst du, was mit dem 15 MBit/s Angebot für 65 Franken passiert ist? Das gibts auf der CC Website gar nicht mehr und per Post wurde ich auch nicht von CC informiert. Für mich würde sich ein Downgrade für 15 Franken auf das 10 Mbit/s Angebot lohnen. Ich hoffe jetzt mal nicht, dass der Speed auf 10 Mbit/s gedrosselt wurde und ich trotzdem noch 65 Franken bezahle bis ich bei der CC reklamieren muss...

Grüsse, Yves H. ;-)

Ralf Beyeler hat gesagt…

Hallo Yves

Ich hoffe, Du bist gut ins neue Jahr gerutscht.

Ich bin mir zu 98% sicher, dass das 15 MBit/s-Angebot für bestehende Kunden weiterläuft wie bisher. Und wer auf das 10 MBit/s-Angebot wechseln will, muss die 100 Franken Strafgebühr bezahlen.

Wenn Du die Geschwindigkeit nicht mehr erreichtst und Cablecom keine höhere Geschwindigkeit hinkriegen kann, dann ist der Downgrade natürlich kostenlos.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler