Mittwoch, 27. August 2008

Cablecom: 100 MBit-Zukunft

Heute fand eine gestrige Medienmitteilung von Cablecom bemerkenswert viel Beachtung in den Zeitungen. Insbesondere, da die Medienmitteilung nicht wirklich viel Neues enthielt. Da Cablecom-Chef Fischer einige Journalisten nach Amsterdam eingeladen hat und dort eine Präsentation gehalten hat, wurde das Thema heute in den Medien gross aufgenommen. In einigen Zeitungen sind zudem Interviews von Cablecom-Managern erschienen.

Das wichtigste im Überblick:
  • Bis Ende 2008 werden zwei Drittel der Kunden an ein Netz mit 862 MHz angeschlossen sein. Dieser Netzausbau war dringend notwendig. Viele Kabelnetze bieten bereits seit 10 bis 15 Jahren diese Leistung an.
  • Cablecom will Internet mit einer Geschwindigkeit von 100 Megabit/s - oder 100'000 KBit/s - anbieten. Die Konditionen sind noch nicht bekannt. Klar ist bereits heute, dass dieses Angebot nur einigen, wenigen Kunden zur Verfügung stehen wird. Denn wenn zuviele Kunden mit einem so schnellen Internet-Anschluss im Internet surfen, reicht die Leistung des ausgebauten Kabelnetzes nicht mehr aus.
  • Viel erhofft sich Cablecom vom "catch-up TV". Der Kunde soll - ohne die Sendung vorher programmiert haben zu müssen - aus einzelne Sendungen der letzten Tage ansehen können. Ein Service, der heute von den TV-Sendern bereits im Internet angeboten wird. Die Sendungen sollen jedoch über die Digital-TV-Set-Top-Box auf einem normalen TV angesehen werden können. Das Programmangebot und die Konditionen für diesen Service sind bisher noch nicht bekannt. Ich gehe jedoch davon aus, dass einige, wenige Programme entsprechend abgerufen werden können.
  • Ausserdem sollen bereits Anfangs 2009 erste Set-Top-Boxen von Cablecom auf den Markt kommen, die im Standby-Betrieb nur rund 1 Watt benötigen. Dies wäre ein grosser Fortschritt zu heute.
Im heutigen Cash-Daily ist ein Interview mit Rudolf Fischer erschienen (auch online verfügbar).
Er bezeichnet das 100 MBit/s-Internet-Angebot als klare Kampfansage an Swisscom und die Elektrizitätswerke, die ein modernes Glasfasernetz bis in die Wohnungen bauen wollen. Meiner Meinung nach dürfte das 100 MBit/s ein interessantes Angebot sein, doch das Kabelnetz wird stark beansprucht. Nicht zuviele Kunden düfen gleichzeitig mit 100 MBit/s im Internet surfen, sonst wird es für alle langsamer. Es dürfte eine grosse Herausforderung sein.

Die Glasfaser-Netze der Energieversorger werde Cablecom nicht nutzen, da man darauf kein analoges Fernsehen anbieten könne. Dies stimmt so natürlich, doch gerade Glasfaser-Netze sind optimal geeignet für ein attraktives Digital-TV-Angebot.

Ausserdem will Fischer die Zahl der Digital-TV-Kunden von derzeit 320'000 in fünf Jahren auf 700'000 steigern.

Auch der Berner Tageszeitung "Der Bund" gab Rudolf Fischer ein Interview (ebenfalls online abrufbar). Die Grundverschlüsselung war ein wichtiges Thema: Interaktive Dienstleistungen können nur mit einer eigenen Set-Top-Box benutzt werden und deshalb benötigt Cablecom die Grundverschlüsselung. Dieses Argument leuchtet mir so nicht ein: Es ist zwar tatsächlich so, dass interaktive Dienste derzeit noch nicht standardisiert sind. Doch trotzdem könnte Cablecom das Grundangebot an TV-Programme unverschlüsselt ausstrahlen. Cablecom dürfte sogar weiterhin eine eigene Set-Top-Box anbieten. Der Kunde könnte dann einfach auswählen, ob er die Cablecom-Box möchte, oder ob er eine Konkurrenz-Box möchte. Die Einschränkung ist, dass dann nicht alle Dienstleistungen auf der Konkurrenz-Box verfügbar wären.

Mit interaktiven Diensten wie Video-on-Demand will Swisscom der Cablecom Kunden abwerben. Auch Cablecom will ihren Kunden diese Dienste anbieten können, erklärt Fischer. Allerdings könnte Cablecom diese Dienstleistungen an die Kunden, die dies wünschten auch anbieten, wenn es keine Grundverschlüsselung geben würde.

Rudolf Fischer bestätigt, dass es technisch ohne weiteres möglich wäre, Digital-TV ohne Grundverschlüsselung auszustrahlen. Allerdings würde ein solches Geschäftsmodell es nicht erlauben, 20 bis 25 Prozent des Umsatzes zu investieren. Diese Aussage finde ich sehr interessant, da Cablecom das Digital-TV-Basis-Angebot ja gratis anbietet und der Kunde nur für Box bezahlen muss. So ist auf jeden Fall seit über einem Jahr die Argumentation der Cablecom.

Der Cablecom-Manager Frank Boller gab der Mittelland-Zeitung ebenfalls ein Interview (das meines Wissens nicht online verfügbar ist). Dass das Interesse an "catch-up tv" gross ist, würden die Erfahrungen in den Ländern zeigen, bei denen das Angebot bereits eingeführt worden ist. Frank Boller gibt sich überzeugt, dass die Konsumenten auf dieses Angebot gewartet hätten. Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sei dies der Fall. Da hoffe ich, dass das "catch-up tv" besser funktioniert als das heutige Digital-TV, dass sehr schlecht funktioniert.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
www.comparis.ch

6 Kommentare:

velorowdy hat gesagt…

naja, einige medien schriebens schon gestern :-)

grösser gefahren habe ichs nicht, weil wirs schon mitte 2007 darüber schrieben. schon damals hat cablecom in a'dam über die tv-zukunft schwadroniert. jetzt ists einfach ein mü konkreter.

zudem fand ich herzig, dass 99% der zeitungen von "20 mal schneller schrieben" - eigentlich ist es "nur" viermal schneller.

wills trotzdem haben.

Anonym hat gesagt…

Solange die Cablecom an der Grundverschlüsselung festhält, werde ich mich hüten irgendein Angebot von denen zu nutzen (sofern ich Ausweichmöglichkeiten habe), möge es noch so gut und günstig sein.
M
F
G
Sopur

Anonym hat gesagt…

Fraglich was ihr alle mit eurer Grundverschluesselung habt! Eigentlich ist es das Recht einer Firma die Virtuellen Materialien mit sowas zu Schuetzen..(unten ist die begruendung)

Frage ist: Dank CABLECOM ist es moeglich Internet Billig und Schnell zu konsumieren! Ich bin cablecom kunde seit knapp 10 jahren bald, gebe zu ich hatte meine probleme am anfang und mal kurzfristig 3 jahre spaeter fuer eine woche. Aber es leuft reibungslos, schnell und ich habe keine linkdowns mehr gehabt seit sicher 3-4 jahren.

Apropo Verschluesselung wenn ihr was dagegen habt dann duerft ihr auch keine CD's mehr kaufen die haben einen Kopierschutz! Dazu gehoeren DVD's
Ebenso auch Autos die haben auch einen schluessel. Eure Haustuere hat auch einen Schluessel...warum also ein livestream nicht? Soll ja nicht gratis empfangbar sein!

Ralf Beyeler hat gesagt…

@Anonym: Es kommt darauf an, was und wie man es schützt. Der Gesetzgeber macht häufig Auflagen. Ich bin der Meinung, dass lediglich der Inhalteanbieter etwas schützen kann. Die Cablecom nimmt kostenlos Dutzende Programme vom Himmel, verschlüsselt diese und verkauft diese teuer. Es ist nicht einzusehen, weshalb man dafür zusätzlich eine Schrott-Box der Cablecom mieten muss.

Betreffend Internet: Ganze 4 Franken Differenz zum Angebot von Swisscom. Günstiger ist für mich etwas anderes.

Ein ganz grosser Unterschied gibt es bei DVD und CDs: Auch wenn diese einen Kopierschutz haben, so kann ich die DVD in jeden DVD-Player stecken. Das Cablecom-Modell übertragen auf DVD würde bedeuten, dass ich für jede DVD von jedem Studio einen anderen DVD-Player in der Wohnung hätte. Sowas würde zurecht nicht akzeptiert werden.

Ausserdem haben auch die DVD-Anbieter die Möglichkeit, den Kopierschutz auszuschalten. Auf Cablecom übertragen wurde dies bedeuten: Alle unverschlüsselten Programme werden unverschlüsselt übertragen, die verschlüsselten natürlich nicht.

Grüsse



Ralf Beyeler

Anonym hat gesagt…

wäre interessant, wann und wo das verfügbar ist. und noch mehr interessieren würde mich, welcher upload speed angeboten wird.

Ralf Beyeler hat gesagt…

Derzeit ist das Ganze noch nicht verfügbar. Ich gehe davon aus, dass es im Upload wohl irgendwas zwischen 5 und 10 MBit/s sein werden.

Es bleibt spannend, ob Cablecom wirklich mit dem 100 MBit/s-Angebot kommen wird. Derzeit gibt es zahlreiche Kunden, die zwar 10 oder 25 MBit/s bezahlen, aber viel langsamer im Internet surfen. Meiner Meinung nach muss Cablecom zuerst diese Baustelle lösen.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler