Nachdem ich bereits vor etwa einer Woche die Äusserungen von Frau Bolla, Geschäftsführerin der Swisscable gegenüber der Sonntags-Zeitung kommentiert habe, erlaube ich mir, dies auch mit den Aussagen von Herrn Fischer im Kassensturz zu tun.
Wir müssen natürlich Geld verdienen.Das ist unbestritten und auch notwendig. Mit den rund 27 Franken, die jeder Kunde pro Monat nur für den Analog-Anschluss (inkl. 1.61 Franken Subvention des Digital-TV) kann Cablecom mehr als komfortabel leben. Es gibt in der Schweiz (allerdings nicht gewinnorientierte) Unternehmen, die die gleiche Dienstleistung (und sogar noch ein modernes Netz haben und daher mehr Programme anbieten können) für rund 10 Franken pro Monat anbieten. Der Preis der Cablecom ist also massiv zu hoch. Es handelt sich um einen Monopolpreis!
Und zwar ganz einfach aus dem Grund, weil wir eine börsennotierte Muttergesellschaft haben. Wir sind eben keine Service Public-Firma mehr. Cablecom wurde 1999 für sehr, sehr viel Geld verkauft worden. 2005 hat Liberty Global Cablecom übernommen. Wir müssen wie jede börsennotierte Firma wachsen und Geld verdienen.Die Muttergesellschaft UPC dürfte Cablecom abschöpfen. Ein Grund ist sicherlich auch, dass die Kunden noch nicht rebellieren, in Scharen eine Satellitenschüssel aufs Dach stellen und den Kabelanschluss plombieren lassen. Kein Wunder, die meisten Kunden wissen gar nicht, dass sie an Cablecom Monat für Monat über die Nebenkostenabrechnung 27 Franken bezahlen.
Cablecom bzw. die Vorgängerfirmen waren übrigens nie Service Public-Firmen. Es waren immer kommerzielle Firmen. Die Preise waren damals einfach vernünftiger und der Service hat gestummen.
Schmetzer: Sie wurden viel zu teuer gekauft und jetzt wollen Sie die Kunden, die Sie haben, einfach melken, damit der Kaufpreis zurückkommt.Dass Cablecom möglichst viele zufriedene Kunden möchte, ist mir bisher noch nicht aufgefallen. Stattdessen ist mir Cablecom als eine Firma aufgefallen, die aggressive Typen losschickt, die mich belästigen und irgendetwas verkaufen wollen sowie durch Produkte, die eher schlecht als recht funktionieren. Die Aussage "Wir wollen möglichst viele zufriedene Kunden" ist eine Nullaussage, die ein cleverer Berater in ein Konzept der Cablecom geschrieben haben dürfte. In der Praxis dürften viele Kunden nicht das Gefühl haben, dass sie bei Cablecom im Mittelpunkt stehen.
Fischer: Ums Melken geht es uns nicht. Wir wollen möglichst viele zufriedene Kunden. Und dass wir Geld verdienen müssen ist normal und natürlich. Das kann man uns auch nicht absprechen.
Mit dieser Set-Top-Box verdienen wir kein Geld. Das hat der Preisüberwacher ganz genau angesehen und er hat den Preis festgelegt. Das haben wir akzeptiert. Er hat sichergestellt, dass wir verdienen mit der Set-Top-Box kein Geld.Ich bezweifle, dass Cablecom mit dieser Set-Top-Box drauflegt. (OK, wenn man die Abschlussprovisionen berücksichtigt, dürfte Cablecom vielleicht drauflegen.) Im Gegenteil: Die Margen auf dieser Set-Top-Box dürften wesentlich höher sein als die übliche Marge im UE-Geschäft.
Ich habe die Aussagen des Preisüberwachers anderes in Errinnerung. Der Preisüberwacher hat den Preis vorgegeben, aber nie gesagt, dass Cablecom damit kein Geld verdient.
Schmetzer: Und warum benötige ich dann eine Cablecom-Set-Top-Box? Warum zwingen Sie mir diese dann auf? Ich als Kunde habe gar nichts von dieser Set-Top-Box.Lassen Sie den Kunden doch bitte einfach die Wahl! Es kann zwar kleinere Probleme geben, insbesondere mit Zusatzdiensten. Doch dies dürfte in der Regel nicht allzu gross stören. Und wer ganz sicher sein will, darf ja weiterhin die Cablecom-Box verwenden. Das würde ja nicht verboten.
Fischer: Der Grund ist ein anderer: Es gibt hunderte Set-Top-Boxen am Markt. Diese Vielfalt von Set-Top-Boxen verursacht bei uns im Kundendienst Probleme. Wir wissen nicht, welche dieser Set-Top-Boxen Probleme machen in unserem Netz. Im Einzelfall ist es kein Problem, aber wir haben 1.5 Millionen Kunden und dann wird es zum Problem. Wir können die Qualität und der Kundendienst nicht mehr sicherstellen.
Und wenn der Kunde nicht eine Cablecom-Box nutzt, könnte der Kundendienst einfach sagen: Wenden Sie sich an den Verkäufer. Ich weiss nicht, wo das Problem liegt (ausser dass Cablecom den Umsatz natürlich selber machen will statt dem Boxenverkäufer zu überlassen).
Im Übrigen machen ja auch die Cablecom-eigenen Boxen fleissig Probleme. Ich habe noch nie ein so unausgereiftes Produkte wie die Cablecom-TV-Box gesehen.
Es hat vor allem auch einen strategischen Grund neben den operativen Gründen.Also doch, strategische Gründe!
Ein anderer Aspekt: Fernsehen auf Abruf. Ende dieses Jahres kommen Filme auf Abruf und nächstes Jahr Fernsehen auf Abruf. Sie können die Sendungen der letzten sieben Tage jederzeit schauen. Sie können den Kassensturz nicht nur am Dienstagabend sondern auch am Donnerstagmorgen sehen oder am Sonntag, ohne irgendwas aufzunehmen. Solche Dienste sind mit einem Fernseher mit eingebauten DVB-C-Empfänger nicht möglich. Sind nur mit unserer Box möglich.Das stimmt. Solche neuen Dienste werden nur mit der Cablecom-Box (oder vielleicht einmal durch Cablecom zertifizierte Boxen) funktionieren. Demnoch: Man kann den Kunden die Wahl lassen. Wer diesen Service nutzen will, kann die Cablecom verwenden. Was spricht dagegen die Wahlfreiheit zuzulassen: Kunden können dann die normalen TV-Programme sehen, aber keine Filme und Fernsehprogramme auf Abruf. Dazu kommt: Wenn ich unbedingt ein Film sehen will, kann ich eine DVD in der Videothek ausleihen und Fernsehsendungen sind im Internet verfügbar.
Warum lassen Sie ihren Kunden nicht einfach die Wahlfreiheit? Lieber Kunde, Wir haben ein tolles Angebot, willst Du dieses und dann kann sich der Kunde selbst entscheiden. Die meisten Kunden wollen nur einfaches digitales Fernsehen. Sie verunmöglichen dies.
Viele Kunden wollen solche Zusatzdienstleistungen nutzen, das zeigen die Erfahrungen aus anderen Ländern. In Holland nutzen 60% der Kunden den Dienst mehr als zweimal pro Woche. Hier kann man nicht von einem Exotendienst sprechen, ist falsch.Egal, wie viele Kunden diesen Service dann nutzen werden, wenn dieser dann mal verfügbar ist. Ich sehe keinen Grund, weshalb man die Grundverschlüsselung nicht demnoch verbieten könnte. Wer nur fernsehen will, kann eine freie Boxe kaufen, wer Filme und Fernsehen auf Abruf nutzen will, muss halt die Cablecom-Box kaufen.
Ich muss zugeben, der Zaubertrick von Herr Fischer ist gut: Kaum will man die Grundverschlüsselung verbieten, wird aus dem Zauber-Hut ein neues Angebot gezaubert.
Meine Verantwortung ist, dafür zu sorgen, dass Cablecom auch in fünf Jahren noch wettbewerbsfähig ist und wir noch viele Kunden haben.Mein Tipp. Die beste Möglichkeit ist, die Kunden ernst zu nehmen. Dazu gehört zum Beispiel die Verbesserung des Kundendienstes oder auch die freie Wahl der Set-Top-Box. Glückliche Kunden dürften eher bei Cablecom bleiben als unzufriedene Kunden, die nur noch mangels Alternativen bei Cablecom sind.
Im Unterschied zum analogen Fernsehen stehen wir im digitalen Fernsehen in intensiven Wettbewerb.Zuerst: Der Kunde unterscheidet nicht zwischen Analog-TV oder Digital-TV. Der Kunde hat ein Bedürfnis: Das Ansehen seiner Lieblingssendung. Dazu kommt: Heute werden noch tausende Harddisk-Recorder, die analoges Fernsehen verkauft. Diese Kunden würden die Programme digital aufzeichnen, wenn denn die Grundverschlüsselung mal wegfällt.
Vom Wettbewerb im digitalen Fernsehen kann keine Rede sein. Cablecom hat ein Monopol-Angebot und kann einen überrissenen Monopol-Preis verlangen. Ein Beispiel: Das TV-Angebot von Bluewin mit Recorder und HD kostet rund 31 Franken pro Monat, bei Cablecom werden für das vergleichbare Angebot über 60 Franken pro Monat fällig. Und Satellitenschüssel können längst nicht alle montieren. Denn dazu ist die Einwilligung des Vermieters und oftmals der Gemeinde notwendig.
Swisscom setzt voll auf interaktive Dienste. Alle ihre Kunden können mit einer Set-Top-Box diese Funktionen nutzen. Wir wollen für unsere Kunden diese Dienstleistungen auch anbieten. Kunden sollten nicht eine neue Set-Top-Box kaufen müssen, wenn sie diese Dienste nutzen wollen. Die Erfahrungen aus Holland zeigen, dass es ein sehr populärer Dienst ist.Plötzlich sind die Kunden wieder im Mittelpunkt. Lassen Sie doch den Kunden die Wahl. Die Kunden sind in der Lage, zu entscheiden, ob sie eine Cablecom-Box oder eine andere Box wollen.
Es gibt Fernsehen ohne Kästlein, das ist das analoge Fernsehen.Ja, das ist zweifelsohne so. Noch heute werden jährlich sehr viele Harddisk-Recorder verkauft, die das analoge TV empfangen. Gerade Harddisk-Recorder wären für das digitale Signal optimal geeignet. Aber dank der Verschlüsselung der Cablecom müssen die Kunden weiterhin einen Analog-Harddisk-Recorder einsetzen, wenn sie einen freien Recorder einsetzen wollen. Der Recorder muss dann mühsam das gesamte empfangene Signal digitalisieren.
Wir haben die Nachricht der Kunden gehört, dass sie das analoge Fernsehen behalten wollen. Die Kunden bedeuten uns sehr viel und deshalb haben wir unsere Marschrichtung auch um 180° gekehrt. Wir werden analoges Fernsehen anbieten, solange ein Bedarf vorhanden ist. Warum beim digitalen Fernsehen nur unsere Box. Unsere eigene Box kennen wir, die anderen hunderte Boxen auf dem Markt kennen wir nicht.Es ist tatsächlich ein kleines Wunder, dass Cablecom nun diese Analogstrategie fährt. Wenn ich einer meiner Lieblingssender, Phoenix, sehen will, bleibt mir nicht anderes übrig, als digital fernzusehen. Früher mal konnte ich diesen Sender analog empfangen (und könnte es heute immer noch, wenn ich nicht gezügelt wäre).
Ich hoffe, dass der Nationalrat dem Ständerat folgen wird und die Grundverschlüsselung für frei empfangbare Programme verbieten wird.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
www.comparis.ch
4 Kommentare:
Bluewin TV kostet nicht 31.- Fr. Zusammen mit der Monopolrente kostet Bluewin TV 53.25 Fr. Die Swisscom ist in diesem Fall nicht sehr viel günstiger als die Cablecom.
Der gute Herr Fischer sollte dringend mal einen Kommunikationskurs besuchen. Einen Preis mit "wir müssen auch Geld verdienen" zu rechtfertigen ist ja eine absolute Katastrophe, und dies schon in einem der ersten Sätze. Lieber Herr Fischer, nennen sie uns den Kundennutzen ihres Produktes und drücken sie nicht auf die Tränendrüse der Zuschauer.
@ihsan dogan: Das TV-Angebot kostet rund 31 Franken. Voraussetzung ist jedoch ein Festnetz-Anschluss oder ein Mobilfunk-Anschluss (z.B. Natel Swiss Liberty) sowie ein ADSL-Anschluss. Das TV-Angebot kostet immer noch 31 Franken, der Kunde muss jedoch weitere Dienstleistungen nutzen, die er unter Umständen nicht möchte. Auch andere Anbieter haben teilweise entsprechende "Bundles"
Grüsse
Ralf Beyeler
Dieser Fischer... den Kassensturz kann ich mir mittels (Windows) MediaCanter jetzt schon ansehen wann ich will. Nur kann ich daneben leider nicht digital-TV sehen, sondern bin auf das veraltete analoge angewiesen...
M
F
G
Sopur
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