Donnerstag, 12. Juni 2008

Politik, Lobby und Grundverschluesselung

In letzter Zeit kam ich leider nicht mehr allzuoft dazu, etwas zu bloggen. Nun will ich wieder etwas häufiger bloggen. Am 20. Mai 2008 hat die Fernmeldekommission des Nationalrates über das Verbot der Grundverschlüsslung beraten. Die Kommission unterstützt die Grundverschlüsselung leider (siehe auch die SDA-Meldung dazu), wohl auch weil die Lobbyisten der Swisscable und der Cablecom erfolgreich falsche Informationen verbreitet haben. Der Entscheid der Kommission ist erst eine Empfehlung an den Nationalrat, der Nationalrat wird voraussichtlich im Herbst darüber entscheiden.

Zuerst möchte ich klar zum Ausdruck bringen, dass ich über diesen Entscheid sehr enttäuscht bin. Bei anderen natürlichen Monopole ist die Liberalisierung gang und gäbe ist (z.B. Telefon-Geräte-Monopol, das vor rund 15 Jahren gefallen ist, Telekom-Dienstleistungs-Monopol, das vor rund 10 Jahren gefallen ist, Post-Monopol, teilweise bereits gefallen, die Bahnen werden liberalisiert). Zu meinem Bedauern ist dies bei der Ausstrahlung von TV-Programmen nicht politisch gewünscht. Dies erstaunt mich, da die freie Ausstrahlung von TV-Programmen seit Jahrzehnten üblich ist und bisher nie ein bestimmtes Endgerät vorgeschrieben war. Dies ändert sich nun: Der Monopolist kann nun vorschreiben, welches Endgerät die Kunden verwenden sollen. Dass dieses Endgerät sogar sehr schlecht funktioniert und in einer massiv schlechteren Qualität sind als am Markt erhältliche Geräte, ist für Kunden ein grosser Nachteil. Leider haben dies die Politiker noch nicht gemerkt!

Ich erlaube mir, hier einige Punkte aus der SDA-Meldung aufzugreifen:

Aus der Sicht der Mehrheit hätte der Vorstoss einen wettbewerbsverzerrenden Effekt und würde die Kabelnetzbetreiber daran hindern, ihre Zusatzdienstleistungen zu digitalisieren.

Ich verstehe diese Aussage nicht. Wenn das Basisangebot - wie bereits heute das analoge Angebot, das früher zudem wesentlich grösser gewesen ist - unverschlüsselt ausgestrahlt wird, können die Kunden von einer Vielfalt verschiedener Boxen proftieren und damit würde das Digital-TV gefördert werden. Die Kabelnetz-Betreiber könnten ihre Zusatzdienstleistungen ausbauen und natürlich weiterhin mit Verschlüsselung anbieten. Die Kunden hätten die Wahl zwischen freien Boxen und den Boxen der Kabelnetz-Betreiber mit Zusatzservices. Die Anbieter müssten sich mehr anstrengen und dies würde zu wesentlich besseren Produkten führen. Was spricht dagegen, den Kunden die freie Wahl zu lassen?


Es werde niemand ins digitale Fernsehen gedrängt, sagte Caviezel.

Dies ist leider nur die halbe Wahrheit. Denn neue Services wie hochauflösende HD Suisse werden zwar von allen Gebührenzahlern mitfinanziert, können jedoch nur von Personen mit Zwangsboxen empfangen und dies, obwohl viele moderne TV-Geräte längst einen entsprechenden Decoder eingebaut hat. Und dazu kommt, dass zahlreiche Programme, die vor einigen Jahren noch analog ausgestrahlt werden, nun nur noch digital ausgestrahlt wird.


Zudem sei der Schweizer Markt zu klein, dass allein für ihn spezielle Boxen hergestellt würden. Die Motion würde sich preistreibend und innovationsfeindlich auswirken.

Dies stimmt so nicht. Es braucht gar keine speziellen Boxen, da alle Boxen den Standard DVB-C unterstützen. Dies kann jeder selber testen. Die Cablecom strahlt ganz offiziell ihren eigenen Kanal sowie SFinfo digital ohne Verschlüsselung aus. Sie können nun eine beliebige DVB-C-Box nehmen (auch die Cablecom-Box, wenn Sie vorher die Smartcard entfernen) und diese beiden Programme empfangen. Alle anderen Programme, die grundverschlüsselt werden, sind hingegen nicht empfangbar. Dies zeigt klar, dass die Boxen in der Lage sind, sowohl verschlüsselte Programme (die es auch weiterhin geben müsste z.B. für Pay-TV) und ein unverschlüsseltes Angebot (z.B. das frei empfangbare Programmangebot) zu empfangen. Dazu braucht es keine neuen Boxen.

Freundliche Grüsse



Ralf Beyeler
www.comparis.ch

Keine Kommentare: