Freitag, 4. Januar 2008

Wird Telefonieren 2008 guenstiger?

Vor rund 2 Wochen hat Swisscom-Chef Carsten Schloter der Sendung Handelszeitung Börsenstandpunkte (Sendung auch online verfügbar) ein Interview gegeben. Verschiedene Medien haben Aussagen von Carsten Schloter aus dem Interview aufgegriffen, unter anderem hat auch heise.de einen Artikel veröffentlicht (online verfügbar).

Unter anderem sagte Carsten Schloter, dass es im Jahr 2008 erste Angebote geben würde, wo der Kunde Breitband und Telefonie zu einem Fixpreis erhalten würde. Man könne von Preissenkungen von 30 bis 40 Prozent ausgehen. Grund sei die Entbündelung der letzten Meile.

Dies denke ich nicht: Die Alternativ-Anbieter haben wenig Möglichkeiten, um die Preise zu senken. Heute reichen alternative Festnetz-Anbieter gemäss eigenen Angaben rund 85% der Einnahmen gleich an Swisscom weiter. Mit der Entbündelung der letzten Meile wird der Anteil, den Alternativ-Anbieter an Swisscom abgeben müssen geringer werden. Allerdings muss dafür eine eigene Infrastruktur finanziert werden. Eine massive Preissenkung wäre nur denkbar, wenn Swisscom die Preise für die letzte Meile massiv senken wird - bzw. senken muss - oder Alternativ-Anbieter ein gefährliches Spiel spielen, unter Einstand verkaufen und darauf spekulieren, dass das Bundesgericht die Einstandspreise senken wird. Eine Entscheidung in Sachen Interkonnektion gilt jeweils rückwirkend.

Angebote mit einer Flatrate sind nichts neues. Der Kabelnetz-Anbieter Cablecom bietet dies seit einiger Zeit an. Für 20 Franken pro Monat (zuzüglich 24.85 Franken für den Analog-TV-Anschluss) können die Kunden abends und am Wochenende unbeschränkt innerhalb des Schweizer Festnetzes telefonieren. Und für 10 Franken pro Monat mehr, sind weitere 50 Stunden tagsüber abgegolten. Doch Cablecom hat mit dem eigenen Netz einen grossen Vorteil und muss massiv weniger an Swisscom abliefern als andere Anbieter. Diesen Vorteil haben alle anderen Alternativ-Anbieter wie Sunrise, Tele2 etc. nicht.

Doch wer will überhaupt eine Flatrate? Die Flatrate ist vor allem für Kunden interessant, die bisher mehr bezahlt haben als die Kosten der Flatrate. Willkürlich angenommen eine Gesprächs-Flatrate kostet 100 Franken pro Monat. Wer bisher 500 Franken, 300 Franken, 120 Franken pro Monat ausgegeben hat, findet dies ein tolles Angebot. Aber was ist mit den vielen Kunden, die bisher 10, 20 oder 40 Franken ausgegeben haben. Für diese Kunden - und diese sind in der Mehrzahl - ist eine solche Flatrate uninteressant. Die Vieltelefonierer, die von der Flatrate wirklich profitieren, führen zu einer gewaltigen Reduktion des Umsatzes und auch des Gewinnes der Anbieter. Dazu kommt, dass die Gebühren, die Swisscom von den Alternativ-Anbietern verlangt, sich nicht ändern.

Das Anbieten einer solchen Flatrate kann nicht aufgehen und dann werden Klauseln eingeführt. Und wie die Erfahrungen im Ausland zeigen, gilt die Flatrate dann nur noch, wenn man z.B. 300 Minuten (das sind winzige 5 Stunden pro Monat) telefoniert. Aber dabei handelt es sich dann um keine Flatrate mehr.

Noch schwieriger wird die Ganze Situation, wenn man sich heute mal eine Festnetz-Rechnung ansieht. Das wirklich teuer sind nicht die Anrufe innerhalb des Festnetzes, sondern Anrufe auf Handynetze. Also wäre es sinnvoll, auch Anrufe auf Handynetze in die Flatrate zu integrieren. Solange Swisscom, Orange und Sunrise weiterhin 20 bis 25 Rappen pro Minute von Festnetz-Anbietern verlangen, ist dies jedoch nicht wahrscheinlich und schlichtweg nicht bezahlbar.

Wohin die Reise gehen könnte zeigt ein Blick nach Frankreich: Für weniger als 30 Euro im Monat - also rund 50 Franken - gibt es dort einen sehr schnellen Internet-Anschluss mit bis zu 16 MBit/s (rund 5 mal schneller als bei Swisscom-ADSL), einer Telefonflatrate für Anrufe ins Festnetz und auch in zahlreiche ausländische Festnetze sowie ein umfassendes Digital-TV-Angebot inkl. HD-Sendern. In der Schweiz sind solche Angebote erst denkbar, wenn Swisscom die Preise für die Entbündelung massiv senken wird. Und selbst dann wird es dieses Angebote nur an grösseren Telefonzentralen geben.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
www.comparis.ch

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Eine Flatrate ist keine echte Flatrate: Dazu kann ich nur sagen, dass ich als Cablecom-Kunde mit irgend einer Aktion von einer Weile mittlerweile 24h pro Tag gratis ins Festnetz telefoniere. Pro Monat ca. 30 Stunden, da sagt niemand was, also eine echte Flatrate.

Und der Vergleich mit Frankreich hinkt: Schliesslich wollen die Schweizer ja gar kein Digital TV mit HDTV. Diese wären in der Schweiz nämlich heute schon denkbar, wenn die Kabelnetzbetreiber endlich die analogen Sender abschalten könnten und sich die Schweizer nicht so dagegen wehren würden.

Ralf Beyeler hat gesagt…

Besten Dank für den Kommentar.

Dazu zwei Bemerkungen: Eine Flatrate ist ein Angebot, bei dem man einen Service unbeschränkt nutzen kann. Dies ist z.B. bei der Cablecom-Flatrate abends und am Wochenende der Fall. Eine Beschränkung auf 50 Stunden tagsüber halte ich tolerierbar, auch wenn es sich genau genommen nicht um eine Flatrate handelt. Insbesondere in Deutschland gibt es immer mehr Anbieter, die Flatrates anbieten, die dann aber nur wenige Stunden pro Monat gelten.

Zum zweiten Punkt: Ich denke, dem Kunden ist es egal, ob es Digital-TV ist oder Analog-TV. Der Kunde will seine Sendungen sehen, ob digital oder analog, ist eigentlich wurst. Der Kunde wird auf Digital wechseln, wenn er dadurch zusätzliche Vorteile hat, wie z.B. eine HD-Auflösung, weitere Programme, die seine Lieblingssendungen ausstrahlt etc.

Ich denke, ein Angebot für 50 Franken wie in Frankreich wäre so günstig, dass der Kunde bereit wäre, auf Digital-TV zu wechseln. Heute bezahlt er 100 Franken für eine teilweise vergleichbare Dienstleistung (mit weniger Analog-Programmen, einen etwa fünfmal langsameren Internet-Zugang, und die Telefongespräche müssen separat bezahlt werden). Mehr Leistung zum halben Preis würde sicherlich Kunden gewinnen.

Grüsse



Ralf Beyeler