Sonntag, 23. November 2008

TV-Zwangsboxen: Nationalrat will einen Kompromiss

Ich habe bereits mehrfach über das Ärgernis der Zwangsboxen, die zum Empfang von Digital-TV-Programmen notwendig sind, in meinem Blog geschrieben (siehe Beiträge unter der Kategorie Grundverschlüsselung). Die Cablecom und viele andere Kabelanbieter verschlüsseln frei empfangbare TV-Programme und bieten den Kunden nur schlechte Boxen zu einem massiv überhöhten Preis an. Dabei ist die Grundverschlüsselung unnötig und nur dazu da, dass Cablecom und Co. ihren Umsatz durch das Vermieten minderwertiger Set-Top-Boxen erhöhen kann. Denn die TV-Programm empfangen Cablecom und Co. kostenlos und verkaufen die gratis empfangenen Programme für teures Geld aus. Und dies obwohl man an Cablecom Monat für Monat rekordverdächtige 26.45 Franken für den Anschluss abdrückt (gut versteckt auf der Nebenkosten-Abrechnung des Vermieters, so dass der Kunde dies oftmals nicht weiss).

Eine Motion verlangt, dass die Grundverschlüsselung verboten wird. Der Ständerat hat dieser Motion im letzten Jahr zugestummen. Der Nationalrat hat im September entschieden, dass die zuständige Kommission eine sachlich fundierte Lösung ausarbeiten muss.

Schneller als erwartet gibt es nun einen Vorschlag (Siehe Mitteilung auf der Seite des Parlaments). Konkret schlägt die Kommission folgende Abänderung des Motionstextes vor:
Der Bundesrat wird beauftragt, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um die Verschlüsselung von freien Fernsehkanälen im Grundangebot bei der digitalen Verbreitung in Kabelnetzen verbieten zu können oder, wenn eine Verschlüsselung angewandt wird, um zu gewährleisten, dass die Konsumenten und Konsumentinnen zu angemessenen Bedingungen Empfangsgeräte ihrer Wahl einsetzen können. Dabei ist zu beachten, dass das Anbieten von Fernsehprogrammen über IPTV (Internet Protocol Television) nicht unnötig erschwert wird und Verzerrungen im Wettbewerb zwischen verschiedenen Technologien möglichst vermieden werden.

Was dies nun für den Konsumenten konkret bedeutet, ist noch unklar und kommt auf die gesetzliche Grundlagen an, die der Bundesrat ausarbeiten lässt. Leider wird wohl noch viel Zeit vergehen. In dieser Zeit werden viele Schweizer nicht von den Vorteilen des Digitalfernsehen profitieren können, weil sie beim analogen TV-Empfang bleiben oder aber schlechte Erfahrungen mit dem Digital-TV-Angeboten der Zwangsboxen-Monopolisten machen.

Meiner Meinung nach müsste eine vernünftige Regelung etwa so aussehen:
  • Alle SRG-Programme und Schweizer Regional-TV-Sender müssen unverschlüsselt ausgestrahlt werden.
  • Alle Mustcarry-Programme (inkl. HD-Versionen dieser Programme) müssen unverschlüsselt ausgestrahlt werden.
  • Alle TV-Programme, die der Kabelnetz-Betreiber kostenlos empfangen kann und die früher bereits analog und/oder digital ausgestrahlt worden sind, müssen unverschlüsselt ausgestrahlt werden.
  • Alle Free-TV-Programme mit Schweizer Werbefenstern müssen ebenfalls unverschlüsselt ausgestrahlt werden.
  • Alles andere (Premium-TV-Programme, Pay-TV, Fussballspiele gegen Bezahlung, interaktives Fernsehen) darf verschlüsselt werden. Dabei ist es dem Anbieter freigestellt, eine eigene Box anzubieten.

Damit können die so gross umworbenen Kunden, die Digital-TV nur wegen den ach so tollen innovativen TV-Dienstleistungen - die es notabene in der Schweiz erst beim Konkurrenten Swisscom gibt, nicht jedoch bei Cablecom - wollen, weiterhin mit einer eigenen Box abgespiessen werden. Ich behaupte jedoch, dass die meisten Kunden einfach fernsehen wollen und von einer grösseren Auswahl, besserem Sound und eventuell besserem Bild profitieren wollen. Und alle diese Kunden können die Box ihrer Wahl einsetzen.

Wir werden sehen, wie die Lösung des Nationalrates und dann des Bundesrates aussehen wird. Und wann diese Lösung dann endlich vorliegen wird.

Liebe Grüsse

Ralf Beyeler
Telekom-Experte www.comparis.ch

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Beyeler

Ich kann mich Ihrer Meinung nur anschliessen.Aber ich habe Bedenken
das mir die Politiker wieder mal
einen Papiertiger vorsetzen.

- Die Motion verlangt keine
Verschlüsselung vom Grundangebot.Aber mit der Abgabe von
CAM's wird sie wieder salonfähig ?
Es steht ja in dem veränderten Entwurf ...

Mit freundlichen Grüssen
H.Weber / Luzern

Ralf Beyeler hat gesagt…

Die Variante mit CAM wäre ja auch möglich. Ich persönliche bevorzuge jedoch klar die Variante mit nicht verschlüsselten Programmen. Zumindest für die SRG-Programme und die Must-Carry-Programme wäre dies wünschenswert.

Grüsse



Ralf Beyeler