Montag, 27. Juli 2009

Schweinegrippe und Datenstau

Die Schwinegrippe ist in den Zeitungen, am Fernsehen und am Radio immer noch ein grosses Thema. Auch das Sommerloch führt wohl dazu, dass ständig neue Beiträge zu diesem Thema erscheinen. Am letzten Mittwoch hörte ich auf Radio DRS auch einen Beitrag, der thematisch auch zum Inhalt dieses Blogs passt. Eine Zusammenfassung des Radio-Beitrages in schriftlicher Form ist auf der Website verfügbar. Dort gibt es - zumindest im Moment noch - auch die Möglichkeit, den eigentlichen Radiobeitrag anzuhören. (Wobei ich es nicht geschafft habe, mir die Datei anzuhören. Weshalb kann man den Beitrag nicht einfach als MP3 herunterladen?)

Falls im Herbst wirklich eine Schweinegrippe-Pandemie ausbrechen sollte, dürften sehr viele Mitarbeiter von zu Hause aus arbeiten. Schweizer Radio DRS wollte daher wissen, ob die Schweizer Datennetze dies vertragen würden oder ob es zum Datenstau kommen könnte.

Swisscom geht davon aus, dass es zu einer Verlangsamung kommen könnte.
Allerdings wird nicht mit einem totalen Zusammenbruch des Internets gerechnet. Denn das Swisscomnetz sei so aufgebaut, dass sich Datenströme bei einer erhöhten Beanspruchung andere Wege suchen.
Keine Angst hat man auch beim Kabelnetz-Betreiber Cablecom, denn das Netz würde eine allfällige Mehrbeanspruchung gut verkraften und man rechne mit keiner Verlangsamung. Und bei Alcatel-Lucent - die Firma betreibt unter anderem die Handy-Netze von Orange und Sunrise technisch - glaubt man ebenfalls nicht an einen Engpass. Denn:
«Es macht bezüglich Datenverkehr keinen Unterschied, ob jemand vom Geschäft oder von zu Hause aus aufs Netz zugreift»[...]. Der Datenverkehr im Backbone-Netz des Service-Providers bleibe konstant.
Einerseits kann ich die Gelassenheit verstehen, andernseits denke ich nicht, dass das Netz diese Mehrbelastung wirklich aushalten kann. Das Problem dürften denn auch nicht die Backbones sein. (Einfach gesagt, handelt es sich bei den Backbones um die grossen dicken Leitungen zwischen den Regionen, zwischen Rechenzentren und auch zwischen Telekom-Anbietern. Über die Backbones können grosse Datenmenge übertragen werden. Und da Glasfaser-Technologie im Einsatz ist, kann man die Kapaztität relativ einfach erweitern, ohne neue Leitungen legen zu müssen.)

Auch das Surfen im Internet dürfte kaum merkbar langsamer werden. Das Lesen der neuesten Nachrichten und der aktuellsten Updates aus dem Kollegenkreis über Facebook ist also weiterhin möglich.

Problematischer sehe ich jedoch die Bandbreite, mit der Firmen ans Internet angeschlossen sind. Bei der Datenkommunikation im Büro laufen viele Daten direkt innerhalb des Büros, ohne den Weg über das Internet zu nehmen. Die Kapazitäten innerhalb des Büros sind riesig. Selbst wenn eine Firma mehrere Filialen hat, sind diese meist grosszügig untereinander verbunden, so dass ein schnelles Arbeiten möglich ist. Wenn nun sehr viele Mitarbeiter von zu Hause arbeiten, gehen viele Daten, die früher innerhalb der Firma übertragen worden sind, zwangsweise über das Internet.

Ein zusätzlicher Problempunkt sind die meist sehr langsamen Upload-Geschwindigkeiten der Anbieter: Das bedeutet, dass die Daten aus der Firma zu den Mitarbeitern nach Hause im Schneckentempo übertragen werden. Da viele Mitarbeiter extern arbeiten werden, muss es zwangsweise zum Stau kommen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Telekom-Anbieter rechtzeitig reagieren werden und während der Schweinegrippe vorübergehend die Upload-Geschwindigkeit erhöhen. Dies wäre problemlos möglich und die Anbieter könnten in der Öffentlichkeit für eine solche Aktion sehr viel Lob erhalten.

Nicht nur in der Firma ist ein potentieller Engpass vorhanden, sondern auch beim Kunden zu Hause. Auch hier ist die Upload-Geschwindigkeit sehr langsam. Wer also die erledigte Arbeit in die Firma übertragen möchte, braucht viel Geduld.

Viel skeptischer bin ich betreffend der Nutzung der mobilen Internet-Infrastruktur. Ich behaupte, dass es zeitweise zu einem Zusammenbruch oder zumindest zu Staus auf der mobilen Datenautobahn kommen wird. Denn die zur Verfügung stehende Bandbreite erscheint hoch. Doch es handelt sich um eine geteilte Bandbreite. Mehrere Kunden teilen sich die zur Verfügung stehende Bandbreite. Weil in der Regel nicht sehr Menschen gleichzeitig diese Infrastruktur nutzen, ist die Geschwindigkeit meist völlig in Ordnung. Wenn nun viele Kunden diese Infrastruktur nutzen, wird die Geschwindigkeit für alle Kunden massiv langsamer. Die Folge ist ein Stau, denn die Daten werden nur noch tröpfchenweise übertragen.

Das Schlussfazit von Radio DRS ist übrigens:
Wer seine Arbeit hauptsächlich mit PC und Telefon ausführt, kann also im Pandemiefall von zu Hause aus arbeiten - wohl ohne Däumchen drehen zu müssen, weil das Netz stockt.
Ich bin nicht zu optimistisch und befürchte, dass das Netz stocken wird. Aber im Falle einer ernsthaften Pandemie gibt es wohl auch wesentlich wichtigere Punkte, als die Geschwindigkeit, mit der Daten übertragen werden können.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

1 Kommentar:

Benny Hertach hat gesagt…

Sali Ralf!

Interessanter Punkt, den ich mir noch nicht überlegt habe. Dann werd ich im Notfalls Nachtschicht arbeiten müssen um eine anständige Geschwindigkeit zu haben... :D

Grues
Benny