Montag, 27. Juli 2009

Swisscable wirft Swisscom Missbrauch vor

Bereits in der vorletzten Ausgabe der Sonntags-Zeitung erschien ein Artikel, in dem über die Vorwürfe der Swisscable an Swisscom berichtet worden ist. Swisscable droht Swisscom mit einer Klage vor der Wettbewerbskommission. (Artikel nicht online verfügbar).

Beim schnellen Internet-Zugang können die Telefonanbieter - insbesondere Leitungsmonopolist Swisscom - wesentlich mehr Kunden gewinnen als die Kabelnetz-Anbieter. Der Marktanteil der Kabelnetz-Betreiber nimmt daher ab. Ein wichtiger Grund für die Marktanteils-Verluste dürfte auch der schlechte Kundendienst der grössten Schweizer Kabelnetz-Betreiber Cablecom sein.

Die Branchenorganisation der Kabelnetz-Betreiber - Swisscable - wirft nun Swisscom fragwürdige Methoden vor. Dies berichtet zumindest die Sonntags-Zeitung.

kritisiert [...] die Koppelung von TV-, Fixnet- und Internetdiensten. Wer Bluewin TV abonniert, muss gleichzeitig Internet- und Fixnet-Kunde von Swisscom werden.
Es ist in der Tat leider so, dass der Kunde bestimmte Einschränkungen hat. So kann der Kunde nicht nur Bluewin-TV isoliert beziehen, sondern er erhält Bluewin-TV nur im Paket mit anderen Dienstleistungen. Statt einem Fixnet-Anschluss kann der Kunde wahlweise auch einige, wenige - eher teure - Mobilfunk-Abos nutzen. Und beim Internet-Zugang kann der Kunde auch ein Angebot nutzen, bei dem die Grundgebühr 0 Franken beträgt. Was aber auch nur sinnvoll ist, wenn der Kunde diesen Internet-Anschluss nicht nutzt.

Im Gegensatz dazu ist es bei den Kabelnetzanbietern möglich, den Internet- neben dem TV-Anbieter, frei zu wählen.
Auch die Kabelnetzanbieter kennen ähnliche Regelungen wie bei Swisscom. So kann ich als Kunde nicht nur einen Internet-Anschluss beziehen und auf den TV-Analoganschluss verzichten. Ich muss den TV-Anschluss bezahlen, selbst wenn ich keinen TV besitze. Und von freier Wahl des TV-Anbieters kann keine Rede sein.

In der Sonntags-Zeitung wirft Swisscable der Swisscom einen Missbrauch des Auftrags zur Grundversorgung und prüft Interventionsmöglichkeiten bei der Wettbewerbskommission Weko. Der Vorwurf ist, dass Swisscom ihr Netz in Gegenden aufrüstet, die ohnehin über eine gute (Kabel-)Netz-Infrastruktur verfügen. Dies soll Swisscom unter dem Deckmäntelchen der Grundversorgung verkaufen. Ich kann diese Argumente nicht nachvollziehen. Swisscom muss ein Internet-Zugang von 600 KBit/s - teilweise auch weniger - anbieten. Das Unternehmen darf natürlich auch in Regionen investieren, wenn es ein Potential für einen schnelleren Internet-Zugang sieht. Ich gehe mal davon aus, dass im von Swisscable kritisierten Fall kein Geld von der Gemeinde zu Swisscom geflossen ist (anders als z.B. in Altikon, wo die Gemeinde Swisscom subventionieren musste). [Falls die Gemeinde Swisscom subventioniert hätte, wäre das Verhalten der Gemeinde meiner Meinung nach skandalös gewesen.]

Heftig finde ich allerdings die weiteren Vorwürfe im Artikel:
Mit Formulierungen wie "Vor einigen Monaten hat die Swisscom in unserer Gemeinde mit dem Ausbau des Telefonnetzes begonnen, damit auch wir in den Genuss von schnellerem Internet kommen" suggerierte der Ex-Monopolist, Wahlen verfüge nicht über Breitbar. Dabei bietet der Lokalanbieter EBL Telecom mit der Cablecom bereits Webanschlüsse [...] und [...] Kabel-TV an. An den vermeintlichen Infoabend [...] war die EBL nicht geladen.
Ich bin der Meinung, dass die Gemeinde offen über die Möglichkeiten informieren hätte müssen. Man hätte am Besten sowohl Swisscom wie EBL eingeladen, die sich beide kurz hätten vorstellen können. Doch das war nicht möglich, weil der Deal war "Anschluss an das VDSL-Netz ohne Kostenbeteiligung der Gemeinde" gegen einen gemeinsamen "Info-Abend". Zumindest diesen Eindruck erhalte ich, wenn ich folgenden Abschnitt lese.
Ursprünglich war ein Ausbau [...] nicht vorgesehen. Erst auf Initiative der Gemeinde habe man sich die Sache nochmals überlegt. "WIr einigten uns, alle Kosten zu übernehmen", so [Swisscom-Sprecher] Roetz. Im Gegenzug habe sich Wahlen verpflichtet, einen gemeinsamen Infoabend zu veranstalten, an dem Dienste wie Bluewin TV verkauft werden konnten.
Sollte dies so stimmen, finde ich das Verhalten von der Gemeinde und auch Swisscom alles andere als in Ordnung. Man kann von der Gemeinde erwarten, dass sie auch auf Kabel-TV aufmerksam machen. Allerdings finde ich es eigenartig, dass es der Lokalanbieter EBL nicht geschafft hat, seine Kunden über die Dienstleistungen zu informieren. Und die Klagedrohung der Swisscable finde ich - ehrlich gesagt - einfach nur lächerlich.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte www.comparis.ch

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