Sonntag, 29. November 2009

Orange, Sunrise: SKS mit 10-Punkte-Plan

Der Sonntagsblick berichtet heute über einen 10-Punkte-Plan der Stiftung für Konsumentenschutz SKS (Artikel auch online verfügbar). Orange will bekanntlich Sunrise kaufen und deshalb werden Befürchtungen laut, der Wettbewerb spiele in Zukunft gar nicht mehr.

Hier der 10-Punkte-Plan der SKS und mein Kommentar dazu:
Kompetenzen der Marktaufsicht stärken
Dies ist sicherlich ein wichtiger Punkt, denn verglichen mit anderen Ländern gibt es in der Schweiz eine wesentlich schlechtere Regulierung. Die Behörden können aus rechtlichen Gründen erst sehr spät eingreifen. Anders als z.B. im Ausland, wo die Behörden schnell reagieren können und teilweise sogar Tarife und Angebote vor der Lancierung genehmigen müssen. Eine so weitgehende Regulierung muss aber wirklich sehr gut überlegt sein.
Markteintritt für neue Firmen erleichtern
Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Heute kann kein Anbieter in den Markt eintreten. Theoretisch kann ein neuer Anbieter zwar in den Markt eintreten, muss sich mit einem Netzbetreiber aber über die Nutzung des Netzes einigen. Der Netzbetreiber ist nicht verpflichtet, andere Anbieter auf seinem Netz zuzulassen und kann die Preise frei festlegen.

Es sind zwar einige Anbieter auf den Markt gekommen, insbesondere die Nischenanbieter Lebara und Lycamobile konnten sich etablieren. Bei den Konditionen beider Anbieter zeigt sich ganz klar, dass die Netzbetreiber massiven Einfluss auf die Preisgestaltung ausüben. Anrufe ins Ausland sind bereits ab 9 Rappen möglich, während Anrufe in die Schweiz massiv viel teurer sind.

Die Erklärung ist ganz einfach: Für Anrufe ins Ausland stellen die Anbieter ihr Netz sehr gerne zur Verfügung, da dies dem eigenen Mobilfunk-Geschäft nicht schadet. Ganz anders die Inlandsgespräche: Würden Sunrise und Orange die gleichen Konditionen für die Netznutzung verrechnen wie für Anrufe ins Ausland, so könnte man längst auch für 9 Rappen ins Schweizer Festnetz telefonieren. Mit einem solchen Angebot wäre der Druck auf Sunrise und Orange gross und die Anbieter müssten die Preise ebenfalls senken und würden damit erheblich Umsatz und Gewinn verlieren. Deshalb müssen Lebara und Lycamobile wohl unterschiedliche Gebühren bezahlen, je nachdem ob der Anruf ins Ausland oder in die Schweiz geht.

Für die Zukunft gibt es meiner Meinung nach nur eine Lösung: Ähnlich wie beim Festnetz muss auch das Mobilfunknetz reguliert werden.
Wettbewerb beim Glasfaserausbau sicherstellen
Ich kann mir darunter derzeit noch nicht vorstellen, wie die SKS Wettbewerb beim Glasfaserausbau sicherstellen will.
Preissenkungen verfügen, wenn der Wettbewerb nicht spielt
Preissenkungen auf dem Monopolnetz verfügen
Ich finde diese beiden Punkte äusserst heikel. Es ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll, dass eine Behörde die Preise von im Wettbewerb stehenden Unternehmen festlegen muss.
Preisentwicklung mit der EU vergleichen
Bereits heute vergleicht das Bundesamt für Kommunikation einmal jährlich die Kosten anhand mehrerer Warenkörbe mit den Angeboten in den EU-Ländern. Nur vergleichen selbst reicht also nicht. Die Frage ist vielmehr, wie die Behörden reagieren können, wenn sie festellen, dass die Schweizer weiterhin abgezockt werden. Eine Möglichkeit wäre natürlich, dass die Behörde eine Preissenkung verfügen könnte. Wie ich bereits oben geschrieben habe, finde ich dies eine schlechte Lösung.
Hürden beim Anbieterwechsel beseitigen
Leider definiert hier die SKS nicht, welche Hürden die SKS genau meint und wie sie diese beseitigen möchte. Eine Hürde sind die sogenannte Roll-Over-Verträge, die dazu führen, dass der Kunde nur einmal pro Jahr kündigen kann. Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man die Verträge von Telekom-Anbietern in Zukunft jederzeit auf Ende Monat kündigen könnte. Weniger gut finde ich, dass eine solche Regelung gesetzlich vorgeschrieben werden müsste.

Wenn der Kunde den Vertrag jederzeit kündigen kann, würden die Anbieter auch keine Handys zu reduzierten Preisen abgeben. Ich finde diese Gratis-Handys eine Unsitte und würde es auch besser finden, der Kunde kauft sein Handy und schliesst dazu einen Vertrag ab. Ich bin aber auch hier der Meinung, dass man so was nicht gesetzlich regeln sollte.

Eine weitere Schikane – insbesondere von Swisscom – müsste auch aufhören: Swisscom ruft Kunden an, die den Mobilfunk-Vertrag gekündigt haben und sagt, dass die Kündigung ungültig sei. Dies obwohl die Kündigung gültig ist und Swisscom diese auch akzeptiert, wenn der Kunde penetrant daran festhält.
Transparentere Preise, einfachere Vergleiche
Dies tönt zwar gut, aber dies schliesst jegliche Innovationen aus. Es dürfte dann weder den Stundentarif von Swisscom noch Teil-Flatrates noch Lieblingsnummern geben. Ich bezeifle, ob es wirklich Aufgabe einer Regulierungsbehörde ist, festzulegen, nach welchen Systemen die Anbieter ihre Angebote gestalten dürfen.
Qualitätsstandards festlegen
Meines Wissens gibt es bereits Qualitätsstandards. Ich weiss nicht, was dies bringen soll. Dazu kommt, dass die Qualitätsstandards auch überwacht werden müssten und die Behörden bei Nichterreichen Konsequenzen aussprechen können. Ich kann mir ein solches Vorgehen beim besten Willen nicht vorstellen.
Streitfälle vor der Schlichtungsstelle transparent machen 
Dies ist grundsätzlich eine gute Idee. Die Frage ist vielmehr, ob es dann nicht zu viel Transparenz gibt. Auch Kunden dürften kein Interesse daran haben, dass ihre Probleme detailliert im Internet nachgelesen werden können.

Wenn man aber eine Auswertung erstellen würde, auf der man sähe, wegen welchen Problemen bei welchen Anbietern die Ombudsstelle kontaktiert worden ist, wäre dies nützlich. Insbesondere wenn diese in Prozent der Kundenbasis ausgewiesen wird.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

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