Sonntag, 14. Dezember 2008

Woche der Glasfaser-Diskussion

Letzten Dienstag informierte Swisscom Journalisten über ihre Glasfaser-Pläne (Präsentation online verfügbar) und zeigte im Zürcher Quartier Wipkingen, wie die Glasfaser-Leitungen verlegt werden. Es ist gut und vernünftig, dass Swisscom endlich aus erster Hand über ihre Pläne informiert hat.

Ausgerechnet Swisscom sprach sich für den freien Wettbewerb zwischen den Anbietern aus. Allerdings definiert Swisscom freier Wettbewerb so, dass die Elektrizitätswerke neben ihrem eigenen Kabel auch gleich noch ein Kabel für die Mitbewerber Swisscom einziehen sollen. Ich habe ein wenig Mühe, zu glauben, dass ausgerechnet Swisscom für freien Wettbewerb sorgen soll. Immerhin hat Swisscom jahrelang gegen die Entbündelung der letzten Meile gekämpft und den den alternativen Anbietern sehr hohe Preise für den ADSL-Monopolservice verrechnet. (Die Wettbewerbskommission kündigte Swisscom gegenüber bereits eine Busse von 237 Millionen Franken an - allerdings hat die Wettbewerbskommission den Entscheid noch nicht gefallen und die Swisscom kann nach einem Entscheid dagegen selbstverständlich noch Rechtsmittel einlegen.) Zudem sind die Kosten für den ADSL-Internet-Zugang in der Schweiz sehr hoch.

Auch die Elektrizitätswerke sprechen sich für einen freien Wettbewerb aus. Doch die EWs wollen nur ein einziges Glasfaser verlegen und der Internet-Zugang an Service-Provider weiterverkaufen. Gemäss Swisscom ist dies wenig sinnvoll: Nur mit eigener Infrastruktur an beiden Enden des Kabels könne die Qualität sichergestellt werden. Andere Anbieter wie Sunrise halten dies nicht für notwendig. Ich bin kein Techniker und kann nicht beurteilen, ob Swisscom den direkten Zugang zum sogenannten Layer2 überhaupt benötigt. Doch die Tatsache, dass in den Städten der Internet-Zugang über Glasfaserleitungen der EWs bereits verbreitet ist und einwandfrei funktioniert, auch wenn der Internet-Provider keinen direkten Zugang zum Layer2 haben.

Einen grossen, wichtigen Unterschied gibt es zwischen dem Swisscom-Projekt und dem Projekt der EWs: Swisscom will sowohl an Endkunden selbst und auch an Service-Provider Dienstleistungen anbieten während die EWs nur an Service-Provider verkaufen wollen. Die Service-Provider können die Dienstleistungen dann an die Endkunden verkaufen. Swisscom will die gleiche Dienstleistung sowohl an die eigenen Endkunden wie auch an die Konkurrenten verkaufen. Dies dürfte zu Problemen führen - genauso wie dies in den letzten elf Jahren zu Problemen geführt hat. Denn Swisscom ist nicht ernsthaft daran interessiert, den Konkurrenten die Dienstleistungen zu attraktiven Preisen zu verkaufen. Denn dies würde nur einen starken Druck auf die Preise bedeuten.

Der Tages-Anzeiger sieht die Swisscom bereits im Vorteil gegenüber dem EWZ. Denn Swisscom will bis Ende 2009 100'000 Anschlüsse in Zürich, Genf und Basel verlegen. Das EWZ will in Zürich bis Ende 2009 hingegen nur 15'000 Anschlüsse verlegen. Der Tagi schreibt weiter, dass die EW ein Monopol auf der Infrastruktur wollen, da es sich sonst nicht rentiert. Und das der Traum vom Monopol eigentlich bereits geplatzt sei. Soweit die Beurteilung des Tages-Anzeiger.

In einem Haus wird jeweils nur das EW oder Swisscom die Glasfaserleitungen einziehen. Es geht derzeit darum, in möglichst vielen Häusern Glasfaser einzuziehen. Zwischen dem Angebot der EWs und der Swisscom gibt es ausserdem einige Unterschiede: Das Glasfaser-Angebot basierend auf der EWZ-Infrastruktur kann bereits benutzt werden. Anders bei Swisscom: Das Glasfaser ist zwar im Haus, kann aber vorerst nicht benutzt werden. Ausserdem auch nicht zu unterschätzen: Beim EWZ-Projekt übernimmt das EWZ die Hausverkabelung, beim Swisscom-Projekt hingegen muss der Hauseigentümer die Hausverkabelung selber bezahlen.

Mich überzeugt das Projekt der Elektrizitätswerke mehr als das Swisscom-Projekt. Ich bin für einen echten Wettbewerb unter den Anbietern statt einem Pseudo-Wettbewerb mittels mehreren Glasfasern in jedes Haus.

Es bleibt auf jeden Fall spannend.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte www.comparis.ch

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