Mittwoch, 30. Juni 2010

vanilla.ch: bezahlen mit dem Handy

In der letzten Ausgabe der Zeitung „Sonntag“ wurde über das neue Zahlungsmittel vanilla.ch berichtet. Ab August kann man in den Filialen der Lebensmittelkette Spar damit bezahlen, hiess es in diesem Artikel weiter.

Hinter vanilla.ch steht Ringier, der grösste Schweizer Verlag. In der ersten Phase kann man eine Applikation auf das iPhone, auf Android-Handys bzw. auf ein Symbian-Handy herunterladen, wie Ringier mir gegenüber bestätigt hat. An der Kasse gibt man in seinem Handy einen PIN-Code ein und gibt der Kassiererin das Handy. Auf dem Handy wird ein Barcode angezeigt, den die Kassiererin einscannt. Gemäss dem erwähnten Artikel arbeitet Ringier mit der GE Moneybank zusammen. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um eine grosse Kleinkredit-Bank. Nach dem Einkauf mit vanilla.ch würde man dann regelmässig eine Rechnung der GE Moneybank erhalten, auf der die mit dem Handy getätigten Einkäufen aufgeführt sind.

Es ist ein interessantes Konzept, allerdings stellt sich bei mir die Frage, ob die Kunden bereit sind, der Kassiererin das Handy mit dem Barcode zu übergeben. Wenn das System ähnlich wie Passabene von Coop ausgestaltet ist, könnte vanilla.ch auch im Laden erfolgreich sein. Der Kunde kann dann mit dem Handys die Strichcodes der Produkte sowie an der Kasse das Handy mit dem Bezahl-Strichcode selbst scannen und direkt bezahlen. Allerdings müssten dann auch die richtigen Preise angezeigt werden, was bei einem offenen System wie vanilla.ch wohl komplexer ist als bei einem geschlossenen System wie Passabene. (Zumal Passabene meiner persönlichen Erfahrung nach leider oftmals die falschen Preise anzeigt. Erst letzte Woche hatte Passabene bei meinem Einkauf etwa bei 2/3 aller erfassten Produkte nicht den richtigen Preis angezeigt.)

Zahlungssysteme auf dem Handy konnten sich in Europa – mit Ausnahme der Verrechnung von Klingeltönen, Spielen und Unterhaltungsdiensten auf dem Handy – bisher nicht durchsetzen. So kann man z.B. seit längerem mit Swisscom-Handys an einigen Selecta-Automaten mit dem Handy bezahlen. Doch wie man hört, wird diese Zahlungsweise kaum benutzt. Vielleicht auch, weil der Schokoriegel und das Getränke beim Bezahlen mit dem Handy mehr kostet. Oder die Bedienung wird als zu schwierig angesehen. Ich vermute, dass dieses Zahlungsmittel vor allem eingesetzt wird, wenn man dringend ein Schokoriegel oder ein Getränk benötigt, aber kein Münz mehr dabei hat.

Die SIX Group – ein Schweizer Anbieter, die vor allem für die Banken Transaktionen abwickelt – bietet Mobile Buy an. An einigen wenigen Orten kann der Kunde über eine SMS bezahlen und der Rechnungsbetrag wird direkt der Kreditkarte belastet. Auch Postfinance bietet einen Bezahlservice über das Handy an. Konkret sendet man ein SMS an Postfinance und der Einkauf wird automatisch dem Postkonto belastet. Bezahlen kann man auf diesen Weg vor allem Konzerttickets und CDs im Internet, unterwegs kann man so sein Handy-Prepaid-Guthaben aufladen oder eine Überweisung auf ein Postkonto in Auftrag geben. Mit beiden genannten System kann man nur ganz wenige Einkäufe bezahlen. Dies ist meiner Meinung nach ein Zeichen dafür, dass diese Services noch nicht gross benutzt werden.

Anders als in Europa ist das Bezahlen mit Handy vor allem in Entwicklungsländer weit verbreitet. Der Grund dürfte darin liegen, dass es in der Regel in diesen Ländern eine einigermassen gut ausgebaute Mobilfunk-Infrastruktur gibt während Banken nicht so weit verbreitet sind. Ausserdem dürfte es mehr Personen mit Handys geben als Personen, die ein Bankkonto haben. Dies führt dann dazu, dass der Kunde seine Rüebli mit dem Handy bezahlt. Und der Gemüsehändler kann seine Einkäufe wiederum mit seinem Handy bezahlen.

In Europa gibt es natürlich viele weit verbreitete Zahlungsmittel: Neben Bargeld kann man mit der Maestro-Karte oder der Kreditkarte bezahlen. Das Handy hat als Zahlungsmittel eine ausgezeichnete Ausgangslage, weil man dieses sowieso immer dabei hat. Wichtig ist jedoch, dass die Kunden den Service bequem nutzen können und das Kunden Vertrauen in das Zahlungsmittel haben. Es wird sich zeigen, ob sich Zahlungssysteme auf dem Handy auch in Europa durchsetzen können. Schreiben Sie mir doch im Kommentar, was Sie zu den Zahlungssystemen auf den Handy denken? Würden Sie der Kassiererin ihr iPhone geben, damit diese das iPhone scannen könnte.

Liebe Grüsse


Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

Montag, 21. Juni 2010

Kommt 20 Minuten-Handy?

Am Rande der Vorstellung des neuen Sunrise CEO (Oliver Steil) am letzten Donnerstag wurde auch ein neues Handy-Angebot angekündigt. Sunrise und 20 Minuten bestätigten, dass sie ein neues gemeinsames Handy-Angebot lancieren wollen, ohne jedoch die genauen Details zu verraten.

Man kann spekulieren: Bereits vor 2 Jahren gab es ein interessantes Angebot von Sunrise. Sunrise-Kunden konnten kostenlos auf bestimmten Mobile-Internet-Sites von 20 Minuten Online surfen. Teilweise gab es zwar Schwierigkeiten mit der Abrechnung, doch es war ein interessantes Angebot. Doch diesmal dürfte das Angebot weiter gehen.

20 Minuten ist eine sehr starke Marke und könnte den Mobilfunk-Markt sicherlich aufmischen. Ich denke, dass 20 Minuten ein eigenes Mobilfunk-Angebot anbieten wird. Wahrscheinlich dürfte der mobile Internet-Zugang auf Inhalte von 20 Minuten kostenlos sein. Ich hoffe, dass man sich bei den Preisen an den günstigsten Angeboten orientieren wird. Gleichzeitig halte ich es ausgeschlossen, dass man den günstigsten Prepaid-Einheitstarif von M-Budget (von Swisscom) angreifen wird. Sunrise verdient ganz gut an den hohen Preisen und hat deshalb kein Interesse an einem neuen Preiskrieg. Schade, denn damit dürften wir in der Schweiz immer noch wesentlich mehr als im Ausland bezahlen.

Es bleibt spannend und wir werden sehen, wie das neue Angebot von 20 Minuten aussehen wird.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

Gratis-SMS zu teuer

Sunrise hat bis Ende Juli 2010 eine Promotion: Wer ein Surf-Abo von Sunrise neu abschliesst, kann während einem Jahr kostenlos SMS verschicken. Dieses Promotionsangebot wird beworben. Konkret erhält man während einem Jahr die Message-Option kostenlos. Normalerweise kostet diese Option 19 Franken, dafür kann man dann 1'000 SMS innerhalb der Schweiz verschicken. Die Inklusiv-SMS gelten zu allen Schweizer Handynummern, also auch zu Orange- und Swisscom-Kunden. Die normalen Tarife werden für SMS ins Ausland und zu Mehrwertdienste-Nummern berechnet.

Man könnte denken, dass es ein gutes Angebot ist. Doch dem ist nicht so. Denn die Surf-Tarife von Sunrise sind in vielen Fällen massiv zu teuer. Prepaid-Angebote z.B. von Aldi, M-Budget oder Coop sind meistens massiv günstiger. Und selbst bei Sunrise gibt es die Zero-Abos, die meistens wesentlich günstiger sind. (Wie immer kommt es auf das konkrete Nutzungsverhalten an, welches Angebot am Schluss günstiger ist.) Wer mit einem günstigen Abo telefoniert und die verschickten SMS selbst bezahlt, fährt meistens wohl günstiger als mit einem Surf-Abo.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

Mittwoch, 9. Juni 2010

NZZ anno 1941 zu 60 Jahre Telefonie

Die NZZ veröffentlicht auf ihrer Website „Trouvaillen aus dem NZZ Archiv“. Täglich wird ein NZZ-Artikel aus früheren Tagen aufgeschaltet. Es ist immer wieder interessant, sich durch alte Artikel zu lesen. Vor einigen Tagen wurde ein Artikel aus dem Jahre 1941 aufgeschaltet, der sich mit dem 60-Jahre Telefonie beschäftigt hat.

Der Artikel besteht aus vielen Bildern, zum Beispiel von uralten Telefonen, Telefonzentralen, einem Kabelschacht oder einem durch Menschen bedientes Fernamt. Der Artikel ist online als PDF abrufbar, auf jeden Fall interessant, was da vor rund 70 Jahren veröffentlicht worden ist.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

Endgueltig keine Fusion

Orange und Sunrise haben bekannt gegeben, dass sie definitiv nicht fusionieren wollen. Der Rekurs gegen die Entscheidung der Wettbewerbskommission Weko wurde zurückgezogen.

Doch wie geht es jetzt weiter? Für die Kunden ändert sich vorerst nichts. Alles bleibt beim alten.

Sunrise setzt auf relativ preisgünstige Produkte, auch wenn in den letzten Monaten eher teurere Produkte beworben worden sind. Sunrise dürfte diese Strategie auch in Zukunft fahren. Die Mobilfunknetz-Abdeckung von Sunrise ist gut. Dies bestätigt auch das sehr gute Abschneiden im Netztest der Zeitschrift „Connect“. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es vor allem im Kundendienst (insbesondere das Bearbeiten von schwierigen Fällen happert) und in der IT.

Sunrise kann auch in Zukunft alleine weiter machen. Mit Ausnahme von Fernsehen bietet Sunrise ein umfassendes Angebot an. So lange die meisten Kunden weiterhin analoges TV sehen wollen, dürfte dies auch kein Problem sein. Die Muttergesellschaft TDC dürfte aber wohl versuchen, Sunrise baldmöglichst zu verkaufen.

Bei Orange sieht es schwieriger aus: Das Unternehmen hat das mit Abstand schlechteste Mobilfunknetz (siehe auch die Resultate des Netztests von „Connect“) in der Schweiz. Insbesondere unterstützt das Netz kein EDGE, damit man vor allem in Randregionen sowie teilweise auch in Räumen schnell im Internet surfen kann. Insbesondere wenn kein UMTS-Netz zur Verfügung steht, ist die Übertragungsgeschwindigkeit für Daten massiv zu langsam.

Ein weiteres Manko ist, dass Orange nur als „Mobilfunk-Anbieter“ wahrgenommen wird. Dies obwohl Orange bereits seit einiger Zeit Festnetz- und Internet-Anschlüsse in Zusammenarbeit mit VTX anbietet. Ausserdem ist dieses Angebot zu teuer.

Das Produktsortiment von Orange überzeugt mich nicht. Man hat zwar sehr viele verschiedene Produkte für sehr viele Nischen. Doch eine klare Strategie fehlt und ausserdem sind die Orange-Produkte viel zu teuer. Die Muttergesellschaft von Orange - France Telecom - muss wohl kräftig in die Schweizer Tochter investieren. Wahrscheinlicher erscheint mir, dass France Telecom längst einen Käufer für das Schweizer Geschäft sucht und sich aus dem schwierigen – von Swisscom beherrschten – Markt zurückzieht. Orange Schweiz will übrigens am 22. Juni 2010 über eine neue Strategie informieren.

Es bleibt auf jeden Fall spannend.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch