Dienstag, 27. April 2010

Interview mit Thomas Sieber

In der letzten Ausgabe der Sonntags-Zeitung ist ein Interview mit Thomas Sieber, dem Chef von Orange Schweiz erschienen. Wichtiges Thema war natürlich die durch die Weko untersagte Fusion zwischen Orange und Sunrise.

Thomas Sieber sagt, dass sie in den Verhandlungen mit der Weko substanzielle Zugeständnisse gemacht haben. Er sagte jedoch auch, dass man aufpassen muss, dass die Zugeständnisse nicht dazu führen, dass die neue Firma bereits beim Start ins Hintertreffen gerät. Als Beispiel nannte er, dass Orange eine Multibrand-Strategie auch mit den Marken Sunrise und Yallo und deren Angeboten fahren wollte. Ausserdem sagte Thomas Sieber, dass sie von Anfang an für Orange-Kunden das Surise „Internet for Free“-Angebot - gemeint ist wohl das „Free Internet“ - angeboten hätten. Mich persönlich überzeugt diese Argumentation nicht. Denn es ist klar, dass Orange Interesse daran hat, Festnetz-Kunden zu gewinnen. In diesem Bereich hat Orange so gut wie keine Kunden und deshalb kann man dort locker die Orange-Preise auf das Sunrise-Niveau reduzieren. Schliesslich jagt man damit höchstens Swisscom und Cablecom Kunden ab. Die Synergieeffekte werden an anderen Stellen, insbesondere im Mobilfunkbereich erzielt und dort nannte Herrn Sieber keine konkreten Beispiele. Dies wohl, weil Orange die Einsparungen (oder zumindest ein Teil davon) durch Synergieeffekte nicht an die Kunden weitergeben möchte.

Thomas Sieber erklärte, dass Orange bereit gewesen, der Cablecom Netzzugang zu gewähren. Über den Preis sprach Thomas Sieber jedoch nicht. Gemäss einem Artikel im Tages-Anzeiger wollte die Weko, dass Orange der Cablecom den Netzzugang zu kostenorientierten Preisen anbieten muss. Doch zu diesem Preis wollte Orange die Cablecom wohl ihr Netz nicht nutzen lassen.

Ausserdem sagte Thomas Sieber, dass die Gefahr nicht gegeben ist, dass sich zwei Player im Markt absprechen. Er würde sofort entlassen werden, sofern er sich mit Swisscom-Chef Carsten Schloter in geschäftlichen Dingen absprechen würde. Ich denke, dass eine Absprache auch gar nicht notwendig ist. Es reicht bereits, keine attraktiven Angebote zu lancieren. Dazu ist es gar nicht notwendig, dass man sich mit einem Konkurrenten absprechen muss.

Thomas Sieber glaubt, dass die Fusion für den Schweizer Telecom-Markt sehr wichtig ist, da dies der einzige Weg ist, den Markt zu deblockieren und Kunden neue Dienste anbieten zu können. Ich bin nicht so optimistisch. Die beiden kleineren Anbieter haben es in der Vergangenheit nicht geschafft, die Kunden von Swisscom abzuwerben. Weshalb soll dies nun plötzlich funktionieren?

Auf die Frage, ob sich die Schweizer Handytelefonierer auf günstigere Tarife freuen können, antwortete Thomas Sieber sehr ausweichend, dass man von Orange aggressive Angebote sehen wird. Ich persönlich kann mir dies zwar nicht vorstellen. In den vergangenen Jahren ist Orange nie durch günstige Angebote aufgefallen. Stattdessen sprach Thomas Sieber konsequent von „aggressiven“ Angeboten, nicht von günstigeren Angeboten.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telecom-Experte von comparis.ch

Keine Kommentare: