Mittwoch, 20. Januar 2010

Orange will viele Kleinstanbieter auf dem Netz

Gestern hat Orange über die Zusammenarbeit mit Transatel informiert (siehe Medienmitteilung). Transatel kann das Schweizer Handy-Netz von Orange nutzen. Auch in anderen Ländern bietet Transatel bereits Dienstleistungen an.

Dabei hat Transatel ein ungewöhnliches Konzept: Unternehmen, die Mobilfunkdienste anbieten wollen, können gemeinsam mit Transatel ein Angebot lancieren. Transatel übernimmt dabei die Prozesse im Hintergrund und ermöglicht die Nutzung der Mobilfunknetze. Das Unternehmen (der virtuelle Mobilfunk-Anbieter) kann so mit kleinem Aufwand zum Mobilfunk-Anbieter werden und seinen Kunden zusätzlich Mobilfunk-Dienstleistungen anbieten. In der Medienmitteilung betonen Transatel und Orange, dass jährlich bis zu 20 Unternehmen aufgeschaltet werden können.

Denkbar ist, dass z.B. Einzelhandelsunternehmen, Medienunternehmen oder IT-Dienstleister unter eigenem Namen Handy-Dienstleistungen verkaufen können. (In der Schweiz bieten z.B. Migros, Coop und Aldi bereits Handy-Angebote an. Doch die Lebensmittelhändler sind nur Wiederverkäufer von Angeboten der drei grossen Anbieter, wobei die Lebensmittelhändler ihre Marken zur Verfügung stellen und beim Angebot mitreden können. In der Schweiz bieten derzeit vor allem Lebara, Lyca Mobile und Mobilezone.net Dienstleistungen als virtueller Netzbetreiber an.)

Die wichtigste Frage wird in der Medienmitteilung jedoch nicht beantwortet: Zu welchem Preis kann Transatel das Orange-Netz nutzen? Denn wer jetzt denkt, dass dank 20 zusätzlichen Anbietern Ende Jahr der Wettbewerb in der Schweiz endlich spielen kann, täuscht sich. Denn Orange bestimmt den Preis für die Nutzung des Mobilfunknetzes und Transatel verrechnet ihre Dienstleistungen dem Unternehmen. Das Unternehmen muss also Orange und Transatel einen bestimmten Einstandspreis bezahlen. Diesen und die eigenen Kosten sowie der Gewinn-Anteil fliessen in die Kalkulation ein und bestimmen dann den Preis, den die Endkunden schliesslich bezahlen müssen.

Die Schweizerische Depeschenagentur sda hat über die Zusammenarbeit folgendes geschrieben:
Andererseits kommt Orange allfälligen Auflagen der Behörden bezüglich der Fusion der France Télécom-Tochter mit Sunrise entgegen.
Eigentlich sollte die Partnerschaft mit Transatel auf allfällige Auflagen der Behörden im Zusammenhang mit der Fusion Orange/Sunrise keinen Einfluss haben. Denn Orange bestimmt den Preis selbst, den Transatel für die Nutzung des Netzes bezahlen muss. Orange hat ein Interesse daran, den Preis, den Transatel und andere bezahlen müssen, möglichst hoch zu halten. Sinnvoller für den Wettbewerb wäre, wenn Orange das Netz allen Anbietern zu kostenorientierten Preisen anbieten müsste. Wie die Erfahrungen im Festnetz zeigen, dürften sich die Anbieter dann zwar jahrelang vor Gericht über die Konditionen streiten, doch nur damit sind einigermassen faire Konditionen für kleinere Anbieter - und damit im Endeffekt auch für den Kunden - überhaupt möglich.

Ich bin gespannt, wie viele neue Anbieter auf den Markt kommen werden und welche Auswirkungen dies auf die Preise haben wird. Ich bin jedoch skeptisch, dass damit der Wettbewerb wirklich besser spielen kann. Der kürzliche Marktstart des Handy-Angebotes von Red Bull hat gezeigt, dass auch Anbieter, die im Ausland sehr attraktive Angebote bieten, in der Schweiz nur durchschnittliche Konditionen bieten.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler

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