«Wir lassen uns von niemandem erpressen», sagt Sunrise-Chef Christoph Brand im Video-Interview mit CASH daily. Grund für seine Aussage: Am 12. September orderte eine Swisscom-Delegation von Sunrise, sich nicht weiter zum Thema Glasfaser in der Öffentlichkeit zu äussern und die Kritik an Swisscom einzustellen. Ansonsten sei eine Weiterführung der Gespräche nicht möglich.Sollten die im Artikel von Cash Daily erhobenen Vorwürfe stimmen, dann wäre dies ein starkes Stück von Swisscom.
Swisscom-Sprecher Olaf Schulze sieht die Sache anders: «Es ist doch selbstverständlich, dass man den Sinn und Zweck eines Gesprächs in Frage stellt, wenn zuvor von Sunrise über die Medien bekannt gegeben wird, dass das Angebot, welches noch gar nicht vorliegt, unzureichend sei.»
Bereits bei der Entbündelung der letzten Meile, also dem Stück Kupferdraht von der Verteilzentrale zum Hausanschluss, habe Swisscom angeblich «unannehmbare Forderungen» gestellt. Unter anderem wurde von Sunrise verlangt, sich nicht an die Medien zu richten, berichten involvierte Kreise.
Zuerst plaudert Swisscom gross in die Welt hinaus, dass man ein Glasfasernetz bauen will. Doch statt die Pläne offen kommuniziert, wird nur Stück für Stück kommuniziert. Am liebsten über Zeitungsinterviews und Zeitungsartikel. Nie ist klar, was Swisscom eigentlich genau will. Das Ziel dieser Salami-Taktik ist meiner Meinung nach klar: Swisscom will sehen, welche Reaktionen die neuen, ungenau definierten Vorschläge so hevorrufen.
Denn sicher ist bisher nur: Swisscom will ein Glasfaserkabel direkt in möglichst viele Wohnungen verlegen. Statt einem Kabel will Swisscom vier Kabel verlegen und diese dann grossflächig an weitere Anbieter weiterverkaufen. Und Swisscom will eine Regulierung möglichst verhindern oder stark einschränken.
Noch unklar ist, wo die verkauften Glasfaserleitungen an die Alternativ-Anbieter übergeben werden. Doch dieses ist ein sehr wichtiger Punkt: Werden die Glasfaserleitungen praktisch bei jedem Haus an den Anbieter übergeben, so ist der Aufwand für den Aufbau der (völlig unnötigen Parallel-) Infrastruktur bei den Alternativ-Anbietern so gross, dass kein Alternativ-Anbieter auf das Angebot eingehen würde. Umgekehrt wäre es für den Alternativ-Anbieter sehr attraktiv, die Daten nur an zwei, drei Orten in der Schweiz zu übergeben. Swisscom möchte möglichst viele Übergabepunkte und hätte ihr Ziel dann erreicht und ein neues Monopol errichtet. Zumindest in den Städten, wo keine innovativen EWs attraktive Glasfasernetze aufbauen.
Dass Swisscom Sunrise verbieten will, sich betreffend letzter Meile an die Medien zu wenden, ist ein massiver Eingriff von Swisscom. Genauso wie Swisscom sich äussern darf, soll sich auch Sunrise äussern dürfen. Alles andere wäre in einem direkt-demokratischen Rechtsstaat mit Meinungsfreiheit unverständlich.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
Telekom-Experte www.comparis.ch
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4 Kommentare:
Hallo Ralf
Ich stimme Dir hier absolut zu, dass das Vorgehen der Swisscom schon etwas komisch ist.
Ich möchte hier aber mit offenen Karten spielen. Ich bin Angestellter der Swisscom, was diesen Beitrag aber keinesfalls beinflussen soll.
Wenn die Swisscom der Sunrise den Mund verbieten möchte, frage ich mich doch schon, wie Swisscom das machen will. Sunrise etwa von den Gespräch ausschliessen? Damit würde sich Swisscom selbst ins eigene Fleisch schneiden und somit eine Regulierung heraufbeschwören. Es ist ja wohl kaum vorstellhaft, dass der zweitgrösste Telekomanbieter der Schweiz einfach ausgeschlossen wird.
Jetzt kommt aber hier meine Kritik an Sunrise:
Ich habe täglich mit Kunden von Sunrise zu tun, die einfach nur noch von Sunrise weg wollen, egal was es kostet. Der Service sei schlecht.
Klar muss man sagen, dass Swisscom auf einem gemachten Nest sitzt und somit ganz klar bevorteilt ist. Aber statt die ganze Zeit zu weinen sollte Sunrise doch einfach mal die Situation akzeptieren und INVESTIEREN.
Swisscom investiert in den nächsten Jahren 8 Mrd. Franken ins Glasfasernetz. Sunrise passt das nicht. Swisscom gewinnt wieder in allen Bereichen Kunden. Sunrise passt das nicht.
Schlussendlich muss man die Tatsache sehen, dass hinter Sunrise ein Riesenkonzern steht. Geld wäre also vorhanden. Ich sehe aber keine Bereitschaft dieses zu investieren. Cablecom macht das komplett anders.
Sunrise soll doch einfach mal Bereitschaft zeigen eine Lösung zu finden und nicht alles über die süsse Mitleidmache zu erhalten.
In diesem Markt, wo die Laute scheinbar schon mehr als eine Mobilnummer haben, kosten neu Kunden halt etwas.
Ausserdem sollte man nicht vergessen, dass die Swisscom nebst den Steuern jedes Jahr auch noch 51% der Dividenden an den Bund abgibt. Soviel zu gewünschten Privatisierung...
Sicherlich, der Kundendienst von Sunrise ist nicht immer gut und Sunrise hat dort klar ein grosses Verbesserungspotential.
Klar ist, dass hinter Sunrise und noch mehr hinter Orange grosse Anbieter stehen. Doch investiert wird dann, wenn man die Aussicht hat, dass mit dem investierten Geld entsprechende Erträge erwirtschaftet werden können. Wenn die Erträge zu gering sind oder gar nicht erwirtschaftet werden können, dann wird der Anbieter nicht investieren. Hier hat Swisscom sicherlich bessere Voraussetzungen als Sunrise, da der Marktanteil der Swisscom grösser ist.
Zum Thema Cablecom bin ich nicht gleicher Meinung: Cablecom investiert eigentlich nur in Marketingmassnahmen und erst jetzt in den Ausbau des Netzes (notabende auf eine Kapazität, die viele kleinere Kabelnetze bereits vor 15 Jahren hatten). Cablecom erwirtschaft mit dem Monopol-Angebot analoger Kabel-TV-Anschluss sehr gute Erträge, die dann nach Amsterdam überwiesen werden.
Grüsse
Ralf Beyeler
Ich bin hier eher auf Swisscomseite und glaube nicht alles, was Sunrise erzählt. Zumal Sunrise wie auch Swisscom jeweils eine eigene Wahrheit haben werden. Allerdings würde ich auch nicht gerne sehen, wenn ein (möglicherweise) zukünftiger Vertragspartner bereits vor den eigentlichen Gesprächen ein Angebot in den Medien diskutiert und als unzureichend kommuniziert. Das wäre beim persönlichen Gespräch anständiger gewesen....
@Christian: Wobei Swisscom ja an die Öffentlichkeit gegangen ist und ihre ach so tolle Idee mit den 4 Glasfasern-Kabel breitgetreten hat. Dass sich Sunrise dann dazu äussert, kann ich nachvollziehen.
Betreffend Investitionen: Sunrise hat nicht die Möglichkeit 8 Milliarden Franken zu investieren. Denn anders als Swisscom lebt Sunrise nicht von einer Monopolrente, mit der man sich diesen teuren Ausbau leisten kann. Abgesehen davon ist das Bauen von mehreren pararellen Glasfasern-Netze in alle Haushalte Unsinn.
Grüsse
Ralf Beyeler
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