Donnerstag, 30. Juni 2011

Aus für 20 Minuten-Handy

Im letzten Herbst lancierten 20 Minuten und Sunrise ein eigenes Mobilfunk-Angebot. Nun haben die beiden Partner entschieden, das Angebot einzustellen. „Grund ist die unter den Erwartungen liegende Geschäftsentwicklung“, teilten die beiden Unternehmen mit. Die bestehenden Kunden und Abos laufen zu den bisherigen Konditionen weiter.

In der Schweiz haben Swisscom, Orange sowie Sunrise eine Mobilfunkkonzession und betreiben ein schweizweites Handy-Netz. Auch andere Anbieter wollen Mobilfunk-Dienstleistungen anbieten und arbeiten mit einem der drei Netzbetreiber zusammen. Am häufigsten arbeiten die Partner so zusammen: Der Netzbetreiber erstellt ein Produkt, übernimmt Abrechnung und Kundendienst. Der externe Partner stellt seine eingespielte Marke – und bei Partnern aus dem Detailhandel das Verkaufsstellennetz – zur Verfügung. Die Einzelheiten der Deals sind nicht bekannt, doch in der Regel dürfte der Netzbetreiber dem Partner eine Provision bezahlen sowie einzelne Dienstleistungen abgelten. In der Schweiz haben die Netzbetreiber solche Partnerschaften mit den Einzelhändlern Migros, Coop, Aldi und Valora (Kiosk), mit dem Getränke-Konzern Red Bull, dem TV-Sender MTV und bisher auch mit der Gratis-Zeitung 20 Minuten. Bereits eingestellt wurden auch entsprechende Angebote von Mobilezone und Cablecom.

Ende 2009 (neuere Zahlen gibt es noch nicht) nutzen 4.9% aller Schweizer Mobilfunk-Kunden ein Handy-Angebot von M-Budget, 2.5% eines von Coop. Alle anderen Kooperations-Angebote kamen zusammen weniger als 0.4% Marktanteil. Migros und Coop sind meiner Meinung nach auch optimale Partner, da wohl jeder Schweizer regelmässig in deren Geschäfte einkaufen. Ausserdem ist M-Budget von Migros eine starke Marke, die Swisscom nutzen kann. Die einzige Alternative für Swisscom wäre gewesen, eine eigene Billigmarke aufzubauen. Denn unter der Hauptmarke „Swisscom“ hätte Swisscom kaum als Discounter auftreten können. Ausserdem wäre dies kostspielig gewesen und ausserdem risikoreich. Da ist die Zusammenarbeit zwischen Swisscom und Migros für beide Seiten interessanter. Die Zahlen bestätigen dies. Auch Coop und Orange ist eine sinnvolle Zusammenarbeit, mit der zusätzliche Kunden erreicht werden können.

Auch die Kunden haben vom Markteintritt von Migros, Coop und Aldi profitiert. Denn die Preise für Prepaid-Kunden kamen dadurch mehrfach ins Rutschen. Doch nun sind die Preise leider seit fast vier Jahren unverändert.

Grosse Fragezeichen setze ich jedoch bei anderen Partnerschaften: Weshalb sollte ein Energy-Drink-Hersteller wie Red Bull mit einem eigenen Handy-Angebot erfolgreich sein? Ich bin zwar kein Marketing-Fachmann, aber mir fehlt der Glaube, dass dies eine sinnvolle Kooperation ist. Weshalb soll jemand, der gerne Energy-Drinks trinkt, auch über diesen Anbieter telefonieren wollen? Dazu kommt, dass Red Bull – anders als die Detaillhändler – nicht über eigene Verkaufsstellen verfügt.

Eine ähnliche Situation gab es bei 20 Minuten Mobile: Weshalb soll jemand, der die Gratis-Zeitung gerne liest, auch mit 20 Minuten telefonieren? Die potentiellen Kunden konnten dies wohl auch nicht verstehen und die Erwartungen von 20 Minuten wurden nicht erfüllt.

Was denken Sie zu den Handy-Angeboten, die von Nicht-Netzbetreibern vermarktet werden?

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telecom-Experte von comparis.ch

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