Nach langen Verhandlungen haben sich das Stadtzürcher Elektrizitätswerk EWZ und die Swisscom geeinigt. Zumindest wurde ein Vorvertrag abgeschlossen und an der Medienkonferenz gemachte Aussagen lassen darauf schliessen, dass über einige Details noch immer verhandelt wird. Leider haben die beiden Vertragsparteien nur sehr oberflächlich über die Bedingungen informiert.
In Zürich soll ein Glasfaser-Netz mit vier Fasern gebaut werden. Eine Faser davon nutzt das EWZ, die diese Faser diskriminierungsfrei Telekom-Anbietern zur Verfügung stellen wird. Eine weitere Faser nutzt die Swisscom. Das ganze Netz soll 420 Millionen Franken kosten. Nicht bekannt ist die Aufteilung dieser Kosten zwischen Swisscom und dem EWZ. Aufgrund von Äusserungen kann jedoch davon ausgegangen werden, dass Swisscom mehr als die Hälfte bezahlen wird. Das Zürcher Stimmvolk wird über das Vierfaser-Glasfaser-Netz abstimmen können.
Ich finde es sehr schade, dass sich hier Swisscom durchsetzen konnte. Denn ein faires Einfaser-Modell mit nicht diskriminierenden Zugang für alle Provider wäre die wesentlich bessere Lösung gewesen. Das Vierfaser-Modell verursacht wesentlich höhere Kosten – je nach Quelle zwischen 10 und 50% mehr – und diese höheren Kosten wird sich auf den Preis auswirken, denn am Schluss die Endkunden bezahlen müssen. Es ist klar, dass Swisscom ein starkes Interesse hat, mit dem längst abgeschriebenen Kupfernetz weiterhin viel Geld zu verdienen. Deshalb möchte Swisscom das Glasfaser-Netz möglichst unattraktiv machen. Das Vierfaser ist ein schlauer Schachzug von Swisscom, der dazu führen wird, dass die Mitbewerber nicht so attraktive Angebote machen werden. Ich verstehe nicht, weshalb sich Swisscom mit diesem schwachsinnigen Modell durchsetzen konnte. Weshalb sieht niemand die Strategie der Swisscom?
Wenn man Swisscom und EWZ glaubt, sollen die Stadtzürcher Einwohner der grosse Gewinner sein. Ich glaube nicht daran, der Kunde dürfte auch in Zukunft in der Schweiz wesentlich mehr für den Internet-Zugang bezahlen als in anderen europäischen Ländern und dabei wie bisher erst noch eine unterdurchschnittlich schlechte Leistung erhalten. Und Swisscom ist der ganz grosse Sieger und kann weiterhin massiv überhöhte Preise verlangen und damit sehr gut verdienen – die Marge von Swisscom ist überdurchschnittlich hoch.
An der Medienkonferenz machte Swisscom-Chef Carsten Schloter die Aussage, dass man erwartet, dass die Kunden bereit sind, 15% mehr als bisher für den Glasfaser-Anschluss zu bezahlen. Ich weiss nicht, ob die Kunden dazu wirklich bereit sind. Doch ich bezweifle dies stark.
Ich befürchte sehr, dass die Swisscom das EWZ über den Tisch gezogen hat. Wichtig ist, dass das EWZ nicht die Swisscom subventionieren wird. Immerhin hat das Stimmvolk das letzte Wort. Dies wird dazu führen müssen, dass noch einige Daten zum Deal bekannt gegeben werden. Denn das Volk wird kaum über eine Vorlage abstimmen können, ohne genauere Infos. In einem Punkt konnte sich das EWZ durchsetzen: In Zukunft übernimmt der Netzbetreiber die Kosten für die Verkabelung innerhalb des Hauses. Swisscom wollte dies auf die Hauseigentümer abwälzen – ich vermute, um die Verbreitung von Glasfaser-Leitungen zu behindern. Heute hat Swisscom gar bekannt gegeben, dass man dieses Modell in der ganzen Schweiz anwenden möchte.
Es ist schade, dass wieder niemand an die Kunden denkt. Mit dem Vierfaser-Modell können wir wahrscheinlich attraktive Angebote für die nächsten 30 Jahre komplett abschreiben.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch
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4 Kommentare:
Hallo Ralf
Glaubst Du wirklich was Du hier schreibst?
Wo bitte ist der Sinn hinter einer Investition von mehreren Mrd Franken und der gleichzeitigen Benachtwiligung des neuen Dienstes???
Swisscom hat nun übrigends mit dem Hauseigentümerverband (siehe Handelszeitung) ein Abkommen getroffen, bei dem Swisscom dies Steigleitung bezahlt.
Apropos: Als wir unser Haus bauten, wollte Swisscom die Leitungen in unserem Haus auch nicht bezahlen... Warum wohl...?
Wenn ich an der Uni in VWL und BWL richtig aufgepasst habe, dann ist das Modell mit einer Faser wohl kaum ein sinnvolles Modell. Da kommt mir nämlich gleich das Stichwort Monopol in den Sinn. Ausserdem, wie sonst auch überall, gilt die Devise: "Wer zahlt befiehlt.".
Warum soll die Swisscom auf die eigene Leitung verzichten? Die Konkurrenz ist ja gleich 2 Fasern weiter (ewz-Faser).
Ausserdem ist ja bloss die Swisscom finanzill potent genug, die Schweizweiten Investitionen zu tragen. Warum soll denn jetzt für Zürich ein eigenes Netz gebaut werden und eins für Basel und ein nochmals anderes für Bern?
Ich habe übrigends mal von einem Kolkegen der in Basel die Glasfasergeschichte installiert folgende Preise vernommen:
50/5 Mbit
Telefonie pauschal aufs Festnetz
TV mit HD Sendern
das ganze scheinbar für unter 180 Stutz...
Das ist ja gar nicht mal so schlecht. Scheinbar sind die Preise irgendwo auf der Homepage von Swisscom ebenfalls zu finden.
Gruss
Lars
Hallo Lars
Selbstverständlich glaube ich daran, was ich schreibe.
Es gibt ein Unterschied zwischen den meisten Branchen und der Infrastruktur-Branche. Bei Infrastrukturvorhaben ist es üblich, dass die Infrastruktur eines einzigen Anbieters benutzt werden kann. Dies ist z.B. im Bahnverkehr, bei Strom oder auch bei Kupferleitungen der Fall. Es macht meines Erachtens wenig Sinn, Kabel mehrfach zu verlegen und damit die Kosten unnötig zu erhöhen. Ein Monopol kann meines Erachtens sinnvoll sein, wenn gewährleistet ist, dass alle Anbieter zu gleichen Bedingungen dieses Netz benutzen können. Das Swisscom-System führt nur dazu, dass Wettbewerb verhindert wird und Swisscom ihre hohen Preise auch in Zukunft weiterhin durchsetzen kann. Im übrigen sind viele Infrastrukturnetze in regionalen Händen, z.B. Strom, Wasser, Kanalisation oder oftmals auch Kabel-TV-Netze.
Auch die Strombranche wäre bereit gewesen, die finanziellen Mittel für die Glasfaser-Infrastruktur aufzubringen. Da die Stromunternehmen regional stark verankert sind, würde dies sogar zu einem schnelleren Ausbau des Netzes führen als Swisscom, die sich selbst ihre veraltete VDSL-Technologie durch Gemeinden quersubventionieren lassen will.
Das von Dir genannte Angebot finde ich alles andere als attraktiv. Ein solches Angebot müsste meiner Meinung nach für unter 100 Franken angeboten werden und auch dies wäre noch zu teuer.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
Hallo Ralf
Über Preise kann man immer streiten. Ich finds ok, vor allem wenn ich sehe was ich jetzt bezahle... Es ist nicht viel mehr mit dem Glas.
Deine Äusserungen finde ich interessant:
- Wer garantiert Dir dass die EWZ das Monopol nicht ausnutzen wird? Bei einer Lösung mit einer Faser habe ich als Konsument indirekt keine Wahl.
Zwar kann ich aussuchen ob Sunrise, Swisscom oder Orange mir den Dienst anbietet, jedoch gibts das ganze nur über die EWZ-Faser... Hier sehe ich noch weniger Konkurrenz als beim Mehrfasermodell. Hier kann ich ja nebst dem Anbieter auch noch die Faser aussuchen.
- Auf meinen Einwand betreffen Attraktivität der Leitung hast Du nicht reagiert. Hier hat sich die Sache und Deine Aussage ja erledigt.
- Da die Swisscom ja die Mehrkosten übernimmt sehe ich nicht ein, warum eine Sunrise für die Miete der EWZ-Faser nun mehr bezahlen muss.
Es ist klar, dass 4 Fasern mehr kosten als eine. Allerdings frage ich mich schon, ob es nicht sinnvoller ist jetzt zu investieren statt in 10/20 Jahren weitere Fasern zu verlegen.
Gruss
Lars
Hallo Lars
Ich denke, diese Gefahr besteht sowohl beim Einfaser wie beim Mehrfaser-Modell. Es muss ja nicht zwingend das EWZ bauen. Es könnte auch eine gemeinsame Gesellschaft sein, die im Auftrag der Firmen, die bereit sind, zu investieren, sein. Die Kosten mit einer Faser sind wesentlich niedriger und der Kunde hat durch mehrere Faser keinen direkten Vorteil.
Die Leitung innerhalb des Hauses ist ein Thema. Je mehr Standard eine Technologie ist, desto eher kann der Anbieter verlangen, dass der Hauseigentümber bezahlt. Beim Glasfaser könnte sich der Hauseigentümer aber auch sagen, weshalb soll ich dieses bezahlen, ein Telefon (oder ein Kabel)-Anschluss reicht völlig. Um eine schnelle Penetration erreichen zu können, ist es wichtig, dass dies zuerst der Anbieter finanziert und sich dann über die Gebühren zurückholt.
Was investiert Swisscom? Sobald der Anteil von Swisscom an den Investitionen niedriger ist als der Marktanteil von Swisscom, findet eine Subventionierung statt. Swisscom bezahlt am Anfang einen gewissen Betrag - wohl um etwa 60% - der gesamten Investitionskosten. Wenn der Marktanteil höher als 60% ist, bezahlt Swisscom pro Kunde weniger als das ewz.
Eine Glasfaser hat praktisch unendliche Kapazität. Wenn man in 10 oder 15 Jahren mehr Kapazität benötigt, muss man nicht weitere Glasfasern verlegen. Es reicht, - laienhaft gesprochen - die Modems beim Kunden und in der Zentrale auszutauschen. Das Auswechseln der Glasfaserleitung ist nicht notwendig. Es wäre technisch sogar möglich, über die gleiche Glasfaser mehrere optische Signale von mehreren Anbietern aufzuspielen. Heute ist dies für Angebote für Privatkunden noch zu teuer. Die drei der vier Fasern sind für die Ewigkeit verlocht, ohne dass der Kunde einen Mehrwert hat.
Liebe Grüsse
Ralf Beyeler
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