Mittwoch, 26. Januar 2011

Prepaid im Minus

Tages-Anzeiger online hat über einen Kunden berichtet, der mit einer Prepaid-Karte von Sunrise 50 Franken ins Minus geraten ist. (Artikel ist online verfügbar). Interessant sind auch die zahlreichen Leser-Kommentare auf der Tagi-Seite.

Der Vorteil von Prepaid ist gerade die Kostenkontrolle. Da man im Voraus einzahlt, kann man nicht mehr konsumieren als man benutzt hat. Es ist daher unmöglich, Schulden zu machen. Insbesondere für Kinder und Jugendliche ist eine Prepaid-Karte eine optimale Möglichkeiten.

Das dachte sich auch der Vater des 11jährigen Sohnes, über den Tages-Anzeiger berichtet hat. Doch plötzlich ist die Rechnung im Minus. Sunrise beharrt darauf, dass der Kunde die 50 Franken bezahlen soll. Mir persönlich sind weitere Fälle bekannt, in einem Fall sogar rund 290 Franken. Für mich ist das Verhalten von Sunrise unverschämt. Sollte sich Sunrise weiter stur stellen, würde ich mich als Kunde an die Ombudscom, die Ombudsstelle für Telekommunikation wenden. Damit muss Sunrise eine Stellungnahme abgeben und sich zumindest ernsthaft mit dem Problem beschäftigen. Ein Verfahren vor der Ombudscom ist für den Kunden kostenlos. Da sich aber die wenigsten Kunden wehren werden und dann schliesslich bezahlen, ist es für Sunrise eine lukrative Strategie.

Noch ein Tipp: Zu M-Budget wechseln, da gibt es kein Internet. Zu Hause kann man dann immer noch über WLAN ins Internet gehen.

Sunrise ist stolz darauf, sehr tiefe IT-Ausgaben zu haben. Leider merkt man dies als Kunde schnell, weil Sunrise schnell überfordert ist, wenn etwas nicht läuft. Ich kriege relativ viele – oftmals auch lustige – Pannen von Sunrise mit. Hier sollte Sunrise sich entscheiden, die IT-Kosten zu erhöhen und damit die Zufriedenheit der Kunden zu erhöhen.

Von den anderen Anbietern sind mir keine krassen Fälle bekannt, bei denen Prepaid-Guthaben ins Minus gekommen sind. In der Regel nur ein paar wenige Franken. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, schreiben Sie mir doch über Ihre Erfahrungen als Kommentar.


Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telecom-Experte von comparis.ch

Zum Interview mit Carsten Schloter

In der Handelszeitung (Ausgabe vom 20. Januar 2011) ist ein langes Interview mit dem Swisscom-Chef Carsten Schloter erschienen. Dieses Interview ist auch online abrufbar.

Ich erlaube mir, Aussagen von Carsten Schloter hier kritisch zu hinterfragen.
Carsten Schloter sagt, dass sich das Datenvolumen im letzten Jahr vervierfacht hat. Der Preis pro Megabyte hat sich dagegen halbiert.
Dies bedeutet jedoch auch, dass sich der Umsatz mit Datendienstleistungen verdoppelt hat. Meiner Ansicht nach sind die Konditionen für die mobile Internetnutzung in der Schweiz auf einem einigermassen fairen Niveau (anders als bei den Kosten für Abos und Gespräche).

Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Kunden nicht bereit gewesen sind, für das mobile Internet horrend hohe Preise zu bezahlen und deshalb mussten die Anbieter interessantere Pakete lancieren.
Carsten Schloter sagt, dass es aufgrund des stärker ausgelasteten Netzes in Zukunft nicht mehr Pannen geben wird. Er ist überzeugt, dass es Swisscom schaffen wird, die Verfügbarkeit der Netze zu erhöhen.
Ich bezweifle sehr, ob dies gelingen wird. Denn je stärker ein Netz ausgelastet ist und je komplexer die Systeme werden, desto eher sind Probleme möglich. Und es dürfte daher auch in Zukunft Pannen geben. Die Häufung der Pannen bei Swisscom sollte Carsten Schloter zu denken geben.
Carsten Schloter kündigt an, dass es unterschiedliche Klassen von Angeboten geben wird und je höher der Preis, desto höher die Sicherheit. Er ist überzeugt, dass die Kunden bereit sind, dafür mehr zu bezahlen. Er ist überzeugt, dass dies eine gerechtere Preisgestaltung erlaubt.
Ich bin sehr skeptisch. Es sieht mir nach einem verzweifelten Versuch aus, mehr Einnahmen zu generieren. Es dürfte beim Mobilfunknetz allerdings schwierig werden, bei einer Panne im Mobilfunknetz dafür zu sorgen, dass die Kunden, die mehr bezahlen von der Panne verschont bleiben. Der Aufschlag für die schnellere Geschwindigkeit ist derzeit meiner Meinung nach noch viel zu hoch. Wenn man 10 oder 20 Franken pro Monat bezahlen könnte, um dafür einen privilegierten Zugang ins mobile Internet zu kommen, dann finde ich es sinnvoll.

Die Strategie, nur den Kunden, die mehr bezahlen eine schnellere Geschwindigkeit anzubieten, finde ich jedoch unpassend. Denn in den meisten Fällen würde die Geschwindigkeit für alle Kunden ausreichen. Nur an viel besuchten Orten zu bestimmten Zeiten dürfte die Geschwindigkeit nicht mehr ausreichen. In diesem Fall könnte man Premium-Kunden bevorzugen und Ihnen einen schnelleren Netzzugang anbieten.

Ich halte eine solche Preisgestaltung nicht für gerechtfertigt. Swisscom hofft wohl darauf, von einigen Kunden noch Zusatzeinnahmen zu erhalten und damit die Marge zu erhöhen.
Carsten Schloter sagt, dass das mobile Telefonieren im Ausland immer einen Aufpreis haben wird und sich die Wunschvorstellung, dass die Roaming-Gebühren total verschwinden werden, nicht durchsetzen wird. Er begründet dies damit, dass es teuer ist, ein Mobilfunknetz aufzubauen und zu betreiben. Ohne Roaminggebühren könnte ein Unternehmen aus einem kleinen Land plötzlich seine Angebote überall in Europa verkaufen und müsste sich nicht am Netzausbau beteiligen, argumentiert Carsten Schloter.
Zuerst: Telefonieren im Ausland wird immer etwas teurer sein. Da bin ich gleicher Meinung wie Carsten Schloter. Ich bin jedoch der Meinung, dass es sich nur um ein paar Rappen pro Tag handeln dürfte. Es würde also reichen, wenn man z.B. pro Tag, der der Kunde im Ausland ist, eine Gebühr von 20 Rappen verrechnen würde um die durch Roaming verursachten Kosten abdecken zu können.

Natürlich würde die Abschaffung der Roaminggebühren nicht heissen, dass sich der Anbieter nicht am Netzausbau beteiligen würde und das Netz kostenlos nutzen kann, wie Carsten Schloter suggeriert. Am sinnvollsten wäre es, sich Interkonnektionsgebühren zu verrechnen, am einfachsten in Höhe der Terminierungsgebühren. Damit würden sich die Anbieter entsprechend ihrer Nutzung auch am Netzausbau beteiligen. In vielen Ländern – so auch in der Schweiz – dürfte der Netzanbieter mit dieser Vermietung damit sogar richtig gut verdienen. Dadurch dass ein Kunde, der sich im Ausland aufhält in der Schweiz keine Kosten für die Netznutzung verursacht und die Interkonnektionsgebühren im Ausland eher niedriger sind, ist auch nicht einzusehen, weshalb die Kunden mehr bezahlen müssen, wenn Sie eine Antenne in Berlin statt in Bern benutzen.

Ausserdem wäre ein Wettbewerb, bei dem ausländische Anbieter einfacher im Schweizer Markt auftreten könnten, interessant und dürfte zu mehr Wettbewerb und attraktiveren Angeboten führen. Dies könnte dann auch bedeuten, dass Traummargen wie sie Swisscom kennt, der Vergangenheit angehören würde. Es wäre dann wohl nicht mehr möglich, eine Dienstleistung für nur etwa 9 Rappen einzukaufen und dann für hohe 60 Rappen zu verkaufen (heutige Situation bei Anrufen auf Fremdnetze).

Die Aussagen von Carsten Schloter, dass es komplex ist, einen Anruf ins Ausland umzuleiten, kann ich nicht nachvollziehen. Es ist standardisiert und läuft voll digital. Ich sehe nicht ein, weshalb es komplexer ist, ein Anruf von Bern nach Berlin zu leiten statt von Bern ins Goms.

Was denken Sie zu den Aussagen von Carsten Schloter und meinen Einschätzungen. Schreiben Sie mir in den Kommentaren Ihre Meinung dazu.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telecom-Experte von comparis.ch

Mittwoch, 19. Januar 2011

Plötzlich kostet der Gratis-Anruf ins Festnetz

Swisscom läutet einen neuen Trend ein: Anrufe auf Festnetz-Anschlüsse, die bei anderen Anbietern geschaltet sind, werden zu horrenden Tarifen verrechnet. Bereits beim Vivo Casa ist dies der Fall. Und nun auch noch bei den neuen Jugend-Angeboten, die verglichen mit den bisherigen Angeboten für Jugendliche klar schlechter geworden sind.

Und wenn Swisscom auf Twitter schreibt
Bei Anrufen in fremde Netze entstehen Swisscom höhere Kosten, als bei Anrufen ins eigene. Deshalb unterscheiden sich die Tarife
ist dies schlichtweg gelogen – Ja, ich verwende absichtlich dieses heftige Wort.

Bei einem Anruf auf Sunrise- und Cablecom-Festnetzanschlüsse muss Swisscom ungefähr einen Rappen an Sunrise bzw. Cablecom bezahlen. Erstens sind die Selbstkosten für Anrufe auf das Swisscom-Mobilfunknetz wesentlich höher (wenn auch die genauen Zahlen geheim sind). Zweitens entstehen Swisscom für das Weiterleiten (terminieren) von Anrufen ins Festnetz von Swisscom ebenfalls Kosten, die aufgrund der regulierten Preise ebenfalls rund 1 Rappen pro Minute betragen. Das heisst, dass Swisscom keine höheren Kosten hat für Anrufe auf Sunrise- und Cablecom-Handys.

Wenn Swisscom wirklich den Kunden mehr verrechnen will für Dienstleistungen, die im Einkauf mehr kosten, dann müsste Swisscom konsequenterweise für Anrufe ins Festnetz (egal bei welchem Anbieter) am wenigsten verrechnen. Gespräche auf Swisscom-Handys müssten erheblich teurer sein und Anrufe auf Sunrise- und Orange-Handys nochmals teurer sein. Doch aus strategischen Gründen sind Anrufe auf Swisscom-Handys und ins Festnetz seit mehr als einem Jahrzehnt für Swisscom-Kunden gleich teuer.

Es geht um reine Strategie, die eigentlich die Wettbewerbskommission Weko auf den Plan rufen sollte. Denn damit will Swisscom verhindern, dass noch mehr Kunden von Swisscom wegwechseln (und bereits jetzt wechselt ja fast niemand von Swisscom weg). Auch wenn ich es nicht verstehen kann: Ich höre immer wieder, dass man bestimmt nicht von Swisscom weg will, weil Kollegen sonst mehr bezahlen müssen, wenn sie anrufen.

Das neue Angebot ist sehr schnell gekommen. Ich vermute, dass dies nur ein Testballon ist und Swisscom diese Anpassung auch anderen Preisplänen vornehmen möchte. Die Zeit hat diesmal nicht einmal mehr gereicht, einen Piepston einzurichten für Anrufe auf fremde Festnetz-Nummern. Es dürfte einige böse Überraschungen geben, wenn man plötzlich für die beworbenen Gratis-Anrufe ins Festnetz bezahlen muss.

Ich bin zwar grundsätzlich eher gegen eine übermässige Regulierung, doch hier müsste man eingreifen. Es ist eine Frechheit, wenn Swisscom mit Verbindungen zu Mitbewerbern viel höhere Margen hat als bei Verbindungen ins Swisscom-Netz. Der Preisunterschied zwischen Verbindungen ins Swisscom-Netz und in die Netze der Mitbewerber dürfte konsequenterweise nicht höher sein, als die Interkonnektionsgebühren für diese Verbindungen.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telecom-Experte von comparis.ch

Orange: Kompliziertes Datenroaming

Orange hat eine weitere Option für die Übertragung von Daten in europäischen Ländern. Dieses Angebot mit dem Namen „Orange Travel Data Daily 50 MB“ ist vermeintlich günstiger. Man kann bei diesem Angebot 50 MB Daten an einem Tag übertragen und bezahlt dafür 25 Franken. Jedes weitere MB kostet teure 2 Franken.

Eine Vorbemerkung: Alle nachfolgenden Informationen beziehen sich auf das Surfen in europäischen Ländern, ausserhalb Europas gelten andere Tarife. Wenn man tatsächlich genau 50 Megabyte (was ein sehr grosser Zufall wäre) überträgt, fährt man mit dem neuen Orange-Angebot etwas günstiger als mit Swisscom. Dann bezahlt man 25 Franken, bei Swisscom hingegen 35 Franken und bei Sunrise sogar über 200 Franken. Doch wenn man nur 15 MB an einem Tag überträgt, verlangt Swisscom 14 Franken, Orange hingegen 25 Franken. Mühsam finde ich am Orange-Angebot vor allem, dass sich der Kunde vor der Reise entscheiden muss, ob er wohl pro Tag nun 2, 10 oder 50 Megabyte übertragen wird. Und selbstverständlich muss der Kunde für jeden Tag das gleiche Paket auswählen. In der Regel dürfte man nicht jeden Tag gleich viele Daten übertragen. Man steckt in einem Dilemma fest: Entweder bezahlt man viel zu viel für ein zu grosses Datenpaket oder man hat ein zu kleines Datenpaket und bezahlt viel zu viel für die zusätzlich übertragenen Megabyte. Dazu kommt noch, dass sich fast niemand etwas unter dem Begriff Megabyte vorstellen kann.

Das Swisscom-Angebot ist interessanter. Mit der World Option Flex verrechnet Swisscom 7 Franken je angefangenen 10 Megabyte pro Tag (mit einer Sonderregelung, falls der Normaltarif weniger als 7 Franken beträgt, dann wird der Normaltarif verrechnet). Hat man mehr als 10 Megabyte übertragen, so wird ein weiteres Paket von 10 Megabyte verrechnet. Der Kunde muss sich nicht vorher Gedanken darüber machen. Dazu kommt, dass man einen Betrag von 7 Franken am Tag leicher verkraften kann als 25 Franken, insbesondere wenn man an einem Tag weniger Daten überträgt.

Doch auch das Swisscom-Angebot könnte man verbessern. Warum nicht einfach 70 Rappen pro angefangenem Megabyte. Auch damit ist das Datenroaming immer noch viel teurer, als wenn man direkt im Land eine lokale SIM-Karte kauft, diese in das Smartphone steckt und lossurft. Typischerweise muss man mit 15 bis 30 Franken für eine solche Lösung rechnen und kann dann während den ganzen Ferien im Internet surfen.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telecom-Experte von comparis.ch