Sonntag, 19. September 2010

Handytarife: Immer noch riesige Preisunterschiede

Für die Fernsehsendung Kassensturz habe ich berechnet, wie teuer Telefongespräche, SMS und das mobile Internet bei verschiedenen Anbietern sind.

Kassensturz vom 14.09.2010

Erstaunlich ist, dass die Differenzen zwischen den Anbietern immer noch so riesig sind. Mit einem Wechsel zu einem anderen Anbieter kann man schnell sehr viel Geld sparen. Viele Kunden telefonieren ausserdem mit einem zu teuren Abo und könnten mit einem Wechsel noch viel mehr Geld sparen. Für den Vergleich habe ich jeweils das günstigste Abo- und Prepaid-Angebot der drei grossen Anbieter sowie die Prepaid-Angebote von Aldi, Coop und Migros berücksichtigt. Andere auf dem Markt tätige Anbieter sind teurer und sind deshalb in der Tabelle nicht berücksichtigt.

Beim ersten Profil ohne Internetnutzung ist Aldi Mobile mit 32.90 Franken am günstigsten, das günstigste Swisscom Prepaid-Produkt ist mehr als doppelt so teuer. Mit der zusätzlichen Berücksichtigung von 100 Megabyte Internet-Datenvolumen ist Coop mit 50 Franken am günstigsten, das günstigste Swisscom-Abo kostet mehr als 80 Franken im Monat. Noch teurer sind die Prepaid-Angebote Swisscom, Orange – trotz Internet-Option – und Aldi. Doch kaum jemand würde diese hohen Preise in der Praxis wohl bezahlen.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch

Bundesrat: Revision nicht notwendig

Der Bundesrat hat am letzten Freitag einen über 200 Seiten dicken Bericht zum Schweizer Fernmeldemarkt veröffentlicht (Bericht ist online verfügbar). Im Bericht werden zahlreiche Schwachpunkte aufgezählt – trotzdem kommt der Bundesrat zum Schluss, dass sich eine Revision des Fernmelderechts nicht aufdrängt.

Aus Konsumentensicht werden insbesondere (die in einigen Kreisen umstrittene) Berechnungsart für die letzte Meile, unerwünschte Anrufe durch Verkäufer, hohe Terminierungsgebühren und hohe Roamingtarife und kundenunfreundliche Vertragsbestimmungen genannt.

Es wäre sinnvoll, wenn einige der Schwachstellen behoben werden könnten. Insbesondere die Praxis der Anbieter, dass sich der Vertrag automatisch um ein Jahr verlängert, wenn der Kunde nicht rechtzeitig kündigt, ist stossend. Der Kunde kann zwar dann kündigen, muss jedoch unverschämt hohe Bussen von teilweise über 500 Franken bezahlen. Immerhin ist dem Bundesrat dieses Problem nun bewusst. Doch anstatt diese Regelung zu verbieten, wird das Problem jetzt einfach schubladisiert. Auch wenn der Bundesrat das Gesetz nicht ändern möchte, könnte er das Gespräch mit den Anbietern suchen und sie von einem Verzicht auf diese Klausel überzeugen. Ausserdem hat der Bund die Aktienmehrheit am grössten Anbieter Swisscom und mehrere Vertreter im Verwaltungsrat der Swisscom gewählt.

Um gegen die hohen Roamingtarife vorzugehen, könnte die Schweiz Verhandlungen mit der EU aufnehmen und so erreichen, dass die EU-Grenzwerte auch in der Schweiz gelten würden. Doch Bundesrat Leuenberger hat im Jahr 2009 bereits öffentlich erklärt, dass man diesen Weg nicht gehen möchte.

Über die Berechnungsmethodik habe ich bereits mehrfach geschrieben: Die heutige Regelung ist im Interesse der Swisscom und führt zu höheren Preisen sowie weniger Wettbewerb.

Mit der Feststellung, dass wir in der Schweiz eine gut ausgebaute Telekom-Infrastruktur haben, bin ich nicht einverstanden: Jeder zweite ADSL-Anschluss der Swisscom erreicht nicht die volle Geschwindigkeit von 5'000 Kbit/s, sondern läuft massiv langsamer. In vielen Fällen ist dies den Kunden nicht bewusst. Selbstverständlich muss der Kunde trotzdem den vollen Preis bezahlen. Auch beim Mobilfunk-Netz gibt es zahlreiche Lücken, insbesondere in den Zügen ist die Abdeckung oftmals schlecht.

Liebe Grüsse



Ralf Beyeler
Telekom-Experte von comparis.ch